Verloren geglaubt: Der "Potemkin-Meisel"

„Da! Alles Würmer!“ Die Wiener Fassung von „Panzerkreuzer Potemkin“ mit Musik von Edmund Meisel
Fundstück: Die "Wiener Tonfassung" des Filmklassikers ist nun im Filmmuseum zu sehen.

Man nannte ihn liebevoll den "Potemkin-Meisel": Den in Wien geborenen und in Berlin lebenden Komponisten Edmund Meisel, einer der berühmtesten und umstrittensten Stummfilmkomponisten seiner Zeit. Meisel vertonte Hörspiele von seinem Freund Bert Brecht und schuf die Filmmusik zu Walther Ruttmanns Stummfilm "Berlin – Die Sinfonie der Großstadt".

Am engsten aber war mit seinem Namen der legendäre, russische Revolutionsklassiker "Panzerkreuzer Potemkin" von Sergej Eisenstein verbunden. Eisensteins Meisterwerk, das von der Meuterei der Matrosen gegen ihre zaristischen Offiziere 1905 erzählt, erschien 1925 als Stummfilm und wurde zu einem großen Erfolg. Bereits fünf Jahre später – 1930 – kam der Film zu Beginn der Tonfilmära nochmals in die deutschsprachigen Kinos: Als "Talkie", mit synchronisiertem Ton auf Nadelton-Schallplatten.

Die russische Besatzung des Schiffes erhielt Schauspieler-Stimmen von der linken Piscator-Bühne in Berlin: "Da! Alles Würmer!", hört man einen Seemann in astreinem Deutsch schreien.

"Das sollen Würmer sein?", schreit ein zaristischer Offizier in nicht minder glasklarem Deutsch zurück: "Das ist ja lächerlich! Das Fleisch ist ausgezeichnet!"

Für die Musik, inklusive Tongeräusche und Gesänge, zeichnete Edmund Meisel verantwortlich. Seine Originalkompositionen hatten wesentlich zum Erfolg von "Potemkin" in Westeuropa beigetragen und wurde von dem Kulturkritiker Theodor Adorno und dem Komponisten Hanns Eisler wegen seiner Unkonventionalität hoch gelobt. Meisel selbst starb neun Monate nach der Aufnahme an einer Blinddarmoperation; er wurde nur 36 Jahre alt. Bald darauf geriet seine Wiener Tonfassung von "Panzerkeuzer Potemkin" in Vergessenheit.

Wiedergefunden

Im Jahr 2000 fand der Historiker Martin Reinhart die verloren geglaubten Schallplatten wieder – im Technischen Museum in Wien. Mit seinem Hamburger Kollegen Thomas Tode engagierte er sich für eine Neubewertung des Films im Lichte seiner "Wiener Tonfassung" und initiierte ein Rekonstruktionsprojekt, an dem sich auch das Österreichische Filmmuseum beteiligte. Nun kehrt der "klingende Panzerkreuzer" nach Wien zurück und wird im Filmmuseum zur Aufführung gebracht.

INFO: Das Österreichische Filmmuseum neben der Albertina (Augustinerstraße1) zeigt die "Wiener Fassung" von "Panzerkreuzer Potemkin" am Sonntag, 8. März,14 Uhr und nochmals am 15. März, 17 Uhr. Weiters erschien dazu eine DVD und ein Band der Zeitschrift "Maske und Kothurn" über den "Potemkin-Meisel".

www.filmmuseum.at

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