Verfilmung von Robert Seethalers Roman: „Ich könnte lachen vor reinem Glück“
dass er den einfachen Menschen ins Zentrum stellt und dessen Existenz ganz allgemeingültig beschreibt“, sagt August Zirner im KURIER-Gespräch.
„Auch seine Sprachgestaltung ist sehr beeindruckend, weil er es schafft, poetisch zu schreiben, ohne kompliziert zu werden“, fügt Stefan Gorski hinzu: „Seine Literatur ist schön und einfach zu lesen.“
Der „einfache Mensch“, um den es in „Ein ganzes Leben“ geht, heißt Andreas Egger und wird von Stefan Gorski und August Zirner gemeinsam porträtiert: Egger kommt als kleiner Bub Anfang des 20. Jahrhunderts als Waise in ein abgelegenes Tiroler Tal, wo ihn sein Onkel, ein brutaler Bauer (Andreas Lust) regelmäßig verprügelt. Später wird Egger Hilfsarbeiter und beteiligt sich mit dem aufkommenden alpinen Freizeittourismus am gefährlichen Seilbahnbau. Egger findet seine große Liebe, wird vom Schicksal schwer geprüft, blickt aber am Ende seines Lebens trotzdem dankbar und glücklich zurück.
Stefan Gorski spielt Egger im Alter von 18 bis 47, das höhere Alter hat August Zirner übernommen.
Wie formt man als Schauspieler gemeinsam ein und dieselbe Figur?
„Wir haben gemeinsam gehinkt“, meint Zirner hintergründig. Tatsächlich wird Egger in seiner Kindheit von seinem Onkel dermaßen misshandelt, dass er eine permanente Fußverletzung davon trägt – und hinkt: „Wir haben beide versucht, herauszufinden, was diese Verletzung des Beins mit Andreas Egger charakterlich und physisch gemacht hat. Und dass Stefan und ich versucht haben, gemeinsam eine Art osttirolerische Kunstsprache zu entwickeln, hat so was wie eine angehende Freundschaft ermöglich.“
Das sieht Stefan Gorski auch so: „Eine meiner Lieblingsszenen ist die Verwandlung des jungen Egger in den älteren. Ich trage einen 100 Kilo schweren Heuballen und August kommt um die Ecke und übernimmt.“
„Mein Heuballen wog nur 50 Kilo“, muss August Zirner zugeben.
Das ist der Vorteil des Alters.
Während Zirner einem großen Film- und Fernsehpublikum mit Rollen wie in Stefan Ruzowitzkys „Die Fälscher“ oder Volker Schlöndorffs „Homo Faber“ bekannt ist, fasst Stefan Gorski – bislang meist am Theater engagiert – im Filmfach erst Fuß.
Andreas Egger in „Ein ganzes Leben“ ist seine erste Hauptrolle – und erwies sich gleich als große Herausforderungen. Nachdem viele der Szenen in Schnee und Eis spielen, in denen der junge Egger im Felsen hängt und für den Bau der Seilbahn schuftet, ging die Rollenvorbereitung über das reine Textlesen weit hinaus. Der 32-jährige Schauspieler begann lange vor Drehbeginn mit dem Krafttraining, hörte mit dem Rauchen auf und legte sich täglich vor dem Schlafengehen zehn Minuten ins Eisbad: „Ich wusste, dass ich in einer Szene, in der sich eine Lawine löst, mit Schnee bedeckt sein würde. Ich musste meinen Körper daran gewöhnen, in dieser Kälte keine Panik zu bekommen.“
Ganz ließ sich die Panik allerdings nicht vermeiden: Als Gorski auf einer Pritsche 30 Meter über dem Boden in einem Steinbruch hing, plötzlich ein Seil riss und er drei Meter in die Tiefe stürzte, ehe die Sicherheitsvorkehrungen griffen, „kam schon Panik in mir hoch.“
Ganz so extrem hat August Zirner die Vorbereitung nicht erlebt, zumal seine Rolle als alter Egger eine Schweigsame ist: „Als Mensch, der tendenziell sehr gerne spricht, kam es mir sehr entgegen. Ich wurde genötigt, weniger zu sprechen.“
Alpiner Raubbau
Mit dem Bau der Seilbahn in „Ein ganzes Leben“ kommt Strom ins finstere Tal und erhellt das Leben der Menschen. Gleichzeitig wird Raubbau an der Natur betrieben – und das Unglück wirft seine Schatten voraus: „Wirtschaftlicher Fortschritt kann nur dann funktionieren, wenn nicht nur die reine Profitgier herrscht, sondern nachhaltig gedacht wird“, weiß Zirner: „Die Seilbahnen haben Strom ins Tal gebracht, und das war schön und notwendig. Aber die Folgen des alpinen Tourismus sieht man jetzt. Jetzt wird es viele Seilbahnen geben, die leer bleiben, weil es keinen Schnee mehr gibt und die Umwelt zerstört worden ist.“
Am Ende von „Ein ganzes Leben“ wird dem Publikum noch eine Lektion in Sachen Demut erteilt. Trotz aller Schicksalsschläge blickt der alte Egger zufrieden auf sein Leben zurück. Und auch August Zirner beschließt das Gespräch ganz im Geiste des Romans: „Um es mit Andreas Egger zu sagen: Wenn ich nicht so müde wäre, könnte ich lachen vor reinem Glück.“
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