Verena Altenberger: "Wenn die Liebe da ist, kann man eh nichts machen
„Es war zuletzt echt die aufregendste Zeit und die hat mit diesem Film eigentlich so richtig begonnen“, sagt Verena Altenberger im Gespräch über die Dreharbeiten zu „Sterne unter der Stadt“.
Viel Aufregung gab es im Sommer 2021, als Altenberger auf dem Salzburger Domplatz die Buhlschaft des „Jedermann“ spielte. Dafür war nicht – wie traditionell – das Kleid verantwortlich, sondern ihre Haartracht. Den wenigsten war damals klar, dass sich Altenberger aufgrund der Darstellung einer Krebskranken für Dreharbeiten den Kopf kahl rasiert hatte.
Nun kommt der Film ins Kino – und ist denkbar weit entfernt von einem herkömmlichen Medizindrama. Regisseur Chris Raiber führt in seinem Spielfilmdebüt „Sterne unter der Stadt“ in eine märchenhafte, verspielte Welt, die sich großteils im Wiener U-Bahnsystem abspielt. Alexander (Thomas Prenn) arbeitet dort im Fundbüro und folgt damit auch seinem Vater (Harald Windisch), der den frühen Tod seiner Frau nie verkraftet hat und seither unter der Stadt lebt, um ihr örtlich nahe zu sein. Bei der exzentrischen Großmutter (Margarethe Tiesel), wo Alexander aufwuchs, entwickelte er seine Liebe zu Westernhelden und schwor sich als Bub, dass er sich nie verlieben werde, um nicht das Schicksal des Vaters erleiden zu müssen. Bis er auf Caro trifft.
Die 35-Jährige über das Wahrwerden einer unmöglich scheinenden Liebe: „Ich glaube daran, dass Liebe unausweichlich ist. Und ich kann total nachvollziehen, dass die beiden Angst haben, weil die Situation das Potenzial hat, sehr schön zu werden, aber auch das Potenzial, sehr wehzutun. Aber wenn die Liebe dann da ist, kann man in Wirklichkeit eh nichts machen. Also ich wüsste es zumindest nicht.“ (sie lacht)
Lange gewartet
Sie habe lange auf ein Drehbuch gewartet, dass das Thema Krebs behandelt, „aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich die Chance kriege, in einem Film über das Thema zu spielen, und gleichzeitig in der schönsten Liebesgeschichte, die ich je gelesen habe. Die ganze Ästhetik ist viel mehr als die Realität. Aber weil die Liebe an sich für mich schon so viel mehr als die Realität ist, ist es andererseits auch ein wahnsinnig realistischer Liebesfilm“, sagt Altenberger lachend.
Sie drehe sehr gerne Debütfilme, habe gerade wieder in Deutschland einen abgedreht – „Im Rosengarten“ von Leis Bagdach. Auch „Me, We“ von David Clay Diaz war ein Debüt, und Adrian Goigingers „Die beste aller Welten“, mit dem sie 2017 durchstartete. „Das hat oft eine besondere Energie“, sagt sie. „Wobei ich genauso gerne mit alten Hasen im Business, wie Dominik Graf, drehe. Aber bei Debütfilmen liegt oft so ein besonderes Flirren in der Luft.“
Viel Kopfweh
Der Dreh sei auch „sehr intensiv“ gewesen. „Es war für mich das erste Mal ein Thema, das mir so persönlich nahe gegangen ist, dass es mir stellenweise eigentlich ein bissl zu viel war. Auch durch die Vorgeschichte mit meiner Mama, die an Krebs gestorben ist. Ich hatte zwei Monate fast durchgehend Kopfweh und habe schlecht geschlafen. Natürlich habe ich mir nicht eingebildet, dass ich wie Caro einen Gehirntumor habe, aber ich möchte mich immer intensiv auf meine Rollen einlassen und möglichst keine Mauern dazwischen haben. Und das war zum ersten Mal so, dass es wirklich weh getan hat."
Die Haarspaltereien beim „Jedermann“ 2021 findet sie im Rückblick „einfach nur lustig“. Es überwiege „immer noch das Erstaunen darüber, dass das so viele hinterm Ofen hervorgeholt hat. Dann kommt gleich das Gefühl: Alle Leute, die sich darüber aufgeregt haben, haben mir zum größten PR-Coup meiner Karriere verholfen.“
Eine Karriere, die ihr dieses Jahr wieder besondere Rollen einbringt. „Ich werde einen Mann spielen dürfen – das stand genau so schon lange auf meiner Wunschliste ans Universum.“ Davon unabhängig werde sie im Sommer und im Frühherbst zwei Kinofilme drehen.
Davor kommt die ROMY-Gala am 22. April mit ihrer fünften Nominierung. Altenberger: „Ich liebe es, dass die ROMY es schafft, so glamourös und sexy zu sein.“ Das ziehe Aufmerksamkeit auf den österreichischen Film, „deswegen bin ich ein totaler Fan und freue mich absolut, wieder nominiert zu sein.“
Fotos: Martina Berger
Lesen Sie im Folgenden das gesamte Interview:
Warum Verena Altenberger ihre Entscheidung für die Glatze traf und sie es bei einem weiteren Film über Krebs dann doch anders machte. Wieso sie gerne Kinofilme macht und was sie zu ORF-Sparplänen sagt.
KURIER: Caro spricht im Film von einer "freaky Zeitreise". Können Sie uns auch auf eine "freaky Zeitreise" mitnehmen? Der Dreh ist doch schon länger her und es hat sich seither einiges getan ...
Verena Altenberger: Ich muss sagen, es ist war zuletzt echt die aufregendste Zeit und die hat mit diesem Film eigentlich so richtig begonnen. Ich habe schon lange auf ein Drehbuch gewartet, dass das Thema Krebs behandelt, und ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich die Chance kriege, in einem Film über das Thema Krebs zu sprechen, der gleichzeitig die schönste Liebesgeschichte ist, die ich je gelesen habe. Es war relativ intensiv, das zu drehen. Ich habe mir ja eine Glatze rasiert, was schon einmal echt aufregend war und gleichzeitig natürlich überhaupt nicht aufregend im Vergleich zu Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen eine Glatze haben, und die Haare nicht gemütlich wieder nachwachsen lassen können.
Wie ist es Ihnen mit dem Thema gegangen?
Es war für mich das erste Mal ein Thema, das mir auf eine Art persönlich nahe gegangen ist, dass es mir stellenweise eigentlich ein bissl zu viel war. Auch durch die Vorgeschichte mit meiner Mama, die an Krebs gestorben ist. Ich hatte zwei Monate fast durchgehend Kopfweh und habe schlecht geschlafen. Natürlich habe ich mir nicht eingebildet, dass ich wie Caro einen Gehirntumor habe, aber ich möchte mich schon immer ganz intensiv auf meine Rollen einlassen und da möglichst keine Mauern dazwischen haben. Und das war zum ersten Mal so, dass es wirklich weh getan hat. Gleichzeitig war es wahnsinnig toll, vor allem im Rahmen der Liebe darüber zu erzählen. Und danach ist es eben so wahnsinnig aufregend geworden, weil sich plötzlich alle aufgeregt haben, dass die Buhlschaft keine Haare hat. (lacht)
Wie ist damals diese Entscheidung gefallen, es auf diese Art zu machen?
Also es war so, dass ich von Anfang an wirklich gesagt hätte: Mach ich sofort. Weil ich viel Verantwortungsgefühl dem Thema gegenüber hatte. Ich hätte mir nicht vorstellen können, einen Film über eine krebskranke Frau zu drehen, und mir dann die Haare nicht abzurasieren. Parallel dazu hätte ich aber einen anderen Film gedreht, bei dem eine Glatze oder eine Perücke einfach nicht gepasst hätten. Daher war dann eigentlich der Plan, die Glatze zu kleben, weil es für eine Schauspielerin natürlich einen Rattenschwanz an Organisatorischem nach sich zieht. Meine Agentur musste mit Salzburg reden und mit fünf oder sechs Produktionsfirmen verhandeln, wo die Drehzeit bis in dieses Jahr gereicht hätte, um denen zu sagen, dass ich sehr kurze Haare haben werde. Bei so einer massiven Veränderung muss man auch Verträge nachverhandeln. Der Dreh, der wirklich parallel dazu gewesen wäre, wurde dann aber wegen Corona um mehrere Monate nach hinten verschoben. Vier oder fünf Tage vor Drehbeginn habe ich dann unseren Regisseur Chris Raiber angerufen und gesagt, dass ich mir nun die Glatze rasieren kann. Wir haben uns richtig gefreut. Ich, weil es sich falsch angefühlt hätte, mir die Glatze kleben zu lassen. Und er, weil die Zeit für die Maske von 4 Stunden auf 30 bis 60 Minuten reduziert werden konnte, Es war eine ziemliche Hauruck-Aktion: Am Samstag rasiert und am Montag war erster Drehtag. Mir war plötzlich ständig kalt. Aber es war mir extrem wichtig und ich bin dankbar, dass sich das durch Zufälle - Kismet! - alles so ausgegangen ist. (lacht)
KURIER: Würden Sie es wieder so machen?
Ja! Wobei ich nach den Festspielen zufällig wieder einen Film gedreht habe, bei dem es um Krebs gegangen ist, "Gesicht der Erinnerungen" von Dominik Graf. Da war wieder eine Komplettglatze im Gespräch. In diesem Fall habe ich darum gebeten, ob man es nicht kleben kann, weil man die Glatze auch nur in drei Szenen sieht. Bei "Sterne unter der Stadt" spielt es ja die ganze Zeit eine Rolle, weil ihr auch in den Momenten, in denen sie blonden Locken trägt, die ganze Zeit bewusst ist, dass es nur eine Perücke ist. Mir war auch wichtig, dieses Gefühl zu haben. Es gibt zum Beispiel eine Szene, wo der Wind durch die Station weht, wo ich nicht meinen Hut festhalte, sondern die Haare. Das sind Sachen, die kann man nicht so spielen, für mich muss das echt sein. Aber es hat auch die ganze Aufregung um die Festspiele mitgespielt, die in dem Moment natürlich weit weniger lustig war als jetzt im Nachhinein. Deshalb wollte ich diesmal auf die aufgeklebte Glatze zurückgreifen. Das ist ja auch eine große Kunst! Es dauert Stunden, Tage, bis das perfekt sitzt. Und für "Sterne unter Stadt" hatte die Spezialistin aus Italien, Valentina Visintin, schon eine vorbereitet. Bis sie kurz vor Drehbeginn die Info bekam, dass ich die Haare abrasiert habe. Im Herbst, bei "Gesicht der Erinnerung" stellte sich dann die Frage: Wie bekommen wir so schnell eine Glatze her? Da fiel mir ein: Es müsste noch eine in Italien liegen! (lacht)
KURIER: Wenn Sie auf die Aufregung um Ihre Frisur zurückblicken - überwiegt der Ärger oder das Gefühl, damit auch etwas bewegt zu haben?
An erster Stelle überwiegt immer noch das Erstaunen darüber, dass das so viele hinterm Ofen hervor geholt hat. So ganz habe ich es noch immer nicht verstanden. An zweiter Stelle kommt dann gleich das Gefühl: Alle Leute, die sich darüber aufgeregt haben, geärgert haben, haben mir zum größten PR-Coup meiner Karriere verholfen. Das hätte ich mir nicht ausdenken können. Hätte ich das gewusst, hätte ich es schon viel früher gemacht. (lacht). Das ist eine leicht ironische Antwort dafür, dass ich es mittlerweile einfach nur lustig finde.
Im Film geht es eigentlich um eine unmögliche Liebe, weil sich beide eigentlich vorgenommen haben, sich nicht zu verlieben. Wodurch ändert sich das?
Beide haben viel Angst. Ich glaube daran, dass Liebe unausweichlich ist. Und ich kann zu 1.000 Prozent nachvollziehen, dass man am Anfang auch wahnsinnig Angst hat, sich auf die Liebe einzulassen. Also ich kann die beiden total verstehen, weil die Situation das Potenzial hat, sehr schön zu werden, aber auch das Potenzial, sehr weh zu tun. Aber wenn die Liebe dann da ist, kann man in Wirklichkeit eh nichts machen. Also ich wüsste zumindest nicht, was man da machen kann. (lacht)
Wie ist eigentlich mit Regisseuren zu drehen, die ihren ersten großen Film machen und auch viel Herzblut reingesteckt haben?
Ich drehe sehr gerne Debütfilme, habe gerade wieder in Deutschland einen abgedreht - „Im Rosengarten“ von Leis Bagdach. Auch "Me, We" von David Clay Diaz war ein Debütfilm. Also wenn ich Debütfilm lese, dann sind die Chancen sehr hoch, dass ich zusage. (lacht) Das hat oft eine besondere Energie. Wobei ich genauso gerne mit alten Hasen im Business, wie Dominik Graf, drehe. Aber bei diesen Debütfilmen liegt oft so ein ganz besonderes Flirren in der Luft. Ich mag diese Aufregung, gemeinsam zum ersten Mal etwas versuchen, was entweder extrem gut wird oder echt in die Hose geht. (lacht) Es gibt da wenig dazwischen, ich mag dieses Hopp-oder-Tropp-Gefühl.
Österreichische Filme neigen oft zu realistischeren Settings, dieser Film ist ausgesprochen fantasievoll, erinnert auch an die Filme des "Amélie"-Regisseurs Jean-Pierre Jeunet. Hatte das deshalb einen besonderen Reiz für Sie?
Das ist eine der schönsten Liebesgeschichten, die ich je gelesen habe. Dieses Märchenhafte, das ist larger than life. Die ganze Ästhetik, auch mit den Animationen, ist viel mehr als die Realität. Aber weil die Liebe an sich für mich schon so viel mehr als die Realität ist, ist es andererseits auch ein wahnsinnig realistischer Liebesfilm. (lacht) Ich hatte so Lust auf diese besondere Ästhetik, die ich im österreichischem Kino so noch nicht gekannt habe. Ich bin total stolz, dass ich ein Teil davon sein darf.
Wie waren die Nachtdrehs?
Es ist nicht so ungewöhnlich, dass man auch in der Nacht dreht, aber es ist natürlich trotzdem anstrengend. Es war wahnsinnig kalt, und dann diese Sommerkleidchen in zugigen U-Bahnschächten in der Nacht, da gibt es gemütlichere Settings. Beim Drehen kommt man immer wieder an absurde Orte, die für einen hergerichtet werden. Da hört man plötzlich beim Dreh mit David Schalko zu "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" am Stephansplatz seine eigenen Schritte, weil alles abgesperrt ist. Oder du bist dann plötzlich in der U Bahn in der Nacht und hast diesen Ort plötzlich für dich, du kommst in irgendwelche Tunnels, die du sonst nicht siehst. Ich finde es wahnsinnig aufregend, an welche Orte mich Dreharbeiten bringen. (lacht)
Wie empfanden Sie dieses U-Bahn-Setting? Es kommt doch eher selten so prominent in Filmen vor. Luc Bessons "Subway" wäre so ein Beispiel.
Also ich finde es eigentlich erstaunlich, dass nicht viel mehr Filme in der U-Bahn spielen, gerade in Österreich ist sie ein unerschöpflicher Quell an Inspiration für alles Menschliche. Wenn ich Leute zu Besuch habe, setze ich mich total gern mit denen in die U-Bahn und fahre ein bissl herum. Man sieht so tolle Sachen, wenn die U2 zum Beispiel über die Donau fährt, oder die U6 nach Alterlaa. Abgesehen davon, was man außen sieht, sieht man innen auch viel Spannendes. (lacht)
Was sagen Sie zu Adrian Goigingers aktuellem Erfolg mit "Der Fuchs". Möchten Sie wieder mit ihm arbeiten?
Also ich finde es großartig, dass Adrian diesen Erfolg hat, er ist einfach ein großartiger Filmemacher und vor allem ein super Mensch. Ich möchte unbedingt wieder mit ihm arbeiten. Wir haben ja schon ein paar Mal zusammengearbeitet. Also wenn wo Adrian Goiginger drauf steht, dann bin ich sehr gern dabei. (lacht).
Und wie wichtig ist es Ihnen, auch als Präsidentin der Akademie des Österreichischen Films, dass Filme aus Österreich mehr Publikum bekommen?
Es ist unendlich wichtig, dass österreichische Filme ihr Publikum bekommen. Wenn die Leute nicht ins Kino gehen, wird es auch das Kino in der Form nicht mehr geben. Es ist auch unsere Verantwortung als Filmemacher*innen, dem Publikum den Mehrwert von Kino wieder näherzubringen. Das ist schon vorher ein bisschen verlernt worden, und die Pandemie ist noch einmal erschwerend hinzugekommen. Man ist es mittlerweile gewohnt, dass man auf dem Laptop oder sogar auf einem Handy Filme schaut oder eine Serie bingewatched, während man im Zug sitzt oder auf der Couch. Auf Netflix gibt es die Funktion, dass man zum Beispiel in zehn Prozent schnellerer Geschwindigkeit schauen kann. Das ist so ein Eingriff in die Kunst, und ein Ausdruck davon, dass es einem nicht wirklich wichtig ist. Das finde ich furchtbar. Wir machen jetzt mit dem Film eine große Österreich-Tour. Und zwar nicht nur in die großen Hauptstädte, sondern in kleinere Orte, weil ich mit den Leuten wirklich über den Film reden möchte, weil ich finde, dass das einen weiteren Mehrwert bringt. Wir müssen den Leuten wieder zeigen, dass Kino soviel mehr sein kann als schnelle Berieselung. Einer der ersten Filme, den ich im Kino gesehen habe, war "Titanic". Ich erinnere mich so sehr an diesen ganzen Tag, mein Vater ist mitgegangen, weil ich eigentlich noch zu jung für den Film war. Und dann sitzen wir da und es hat diesen Geruch von Popcorn und das ganze Drumherum. Es ist ein Erlebnis, gemeinsam mit anderen Menschen in einem Raum Emotionen zu erfahren. Diese Erlebnisse speichert man ganz anders ab.
"Sterne unter der Stadt" ist auch eine Liebeserklärung ans Kino ...
An den Infoscreen in der U-Bahn (lacht). Nein, natürlich auch ans Kino. Filme aus einem bestimmten Land haben so ein großes Potenzial, Gesellschaft zu reflektieren. Wenn ich nicht daran glauben würde, dass Filme die Welt verbessern können, würde ich es nicht machen. Es hat auch etwas mit Heimat zu tun, mit Identität. Und nicht immer nur positiv, es gibt auch Dinge, woran wir uns abarbeiten können, worüber wir uns aufregen können oder womit wir uns identifizieren können. Es sollte auch in den Schulen nicht vernachlässigt werden, dass das ein Kulturgut ist, das wirklich mit der jeweiligen Seele etwas macht. Kino gehen muss vielleicht auch wieder gelernt werden, ohne dass man das Handy in der Hand hat, auf einer großen Leinwand, mit gutem Sound, in der Geschwindigkeit, in der der Film wirklich gedreht wurde. Vielleicht sollte auch diese Medienkompetenz in den Schulen vermittelt werden.
Beim "Polizeiruf 110" aufzuhören, war das auch eine Entscheidung, weniger Fernsehen zu machen?
Vielleicht 2 Prozent der Entscheidung waren davon bestimmt, da Kino die noch größere Liebe von mir ist. Aber Fernsehen erreicht nach wie vor so viele Menschen, das hat seine ganz große Berechtigung. Wenn man derzeit will, dass einen Film viele Menschen sehen, muss man ihn fürs Fernsehen drehen. Aber in Wirklichkeit war von Anfang an klar, dass ich es vier Jahre lang machen möchte. Und daher war es dann nach vier Jahren auch Zeit, zu gehen. Auf zu neuen Abenteuern. Es ist auch so wie bei den Festspielen: Wenn ich etwas sehr gern mache, dann habe ich eine große Angst davor, es selber zu beschädigen, indem ich es zu lange mache. Ich möchte einfach gehen, solange ich zu mir noch sagen kann: "Shit, ein oder zwei Mal hätte ich das noch machen können!" Und ich möchte nicht, dass das Publikum sagt: "Jetzt könnte auch wer anderer kommen, es wird schon langsam fad." Das würde mir das Herz brechen, da gehe ich lieber früher. (lacht)
Bei den ORF-Sparplänen spielt mit Flimmit auch eine Plattform für den österreichischen Film eine Rolle. Was sagen Sie dazu?
Ich konnte mit flimmit zwei Jahre in Folge die „Werkstattgespräche“ realisieren, in denen ich Interviews mit Frauen aus der Filmbranche führe. Ab 1. März sind die neuen Gespräche online. Ich rede unter anderem mit einer Intimitätskoordinatorin, es geht um nachhaltiges Filmemachen, Ton, Musik, Regie und vieles mehr. Wir führen die Gespräche in einfacher Sprache, weil ich gerade Menschen außerhalb der Branche erreichen möchte. Zum Beispiel die 10-jährige Tirolerin, die vom Film träumt, aber eigentlich gar nicht so recht weiß, welche Berufe es da gibt, wie man das wird, was die genau machen. Sowas ist auf flimmit möglich. Neben der Tatsache, dass man so ziemlich jeden österreichischen Film, ob Fernsehen oder Kino und so viele österreichischen Serien streamen kann. Streamen auf österreichisch. Davon bräuchten wir mehr, nicht weniger, oder gar eine Einstellung!
Können Sie über die nächsten Pläne etwas erzählen?
Ich werde dieses Jahr einen Mann spielen dürfen - darüber freue ich mich total. „Einen Mann spielen“ stand genau so schon lange auf meiner Wunschliste ans Universum. Und ich finde es einfach eine wahnsinnig coole Besetzungsentscheidung. Davon unabhängig werde ich im Sommer und im Frühherbst zwei Kinofilme drehen, auf die ich mich wahnsinnig freue!
Was bedeuten für Sie Preisverleihungen, auch für die Branche?
Innerhalb der Branche ist es eine wunderschöne Auszeichnung, Preise zu bekommen. Ein Zeichen für Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Aber was vor allem die ROMY ganz großartig macht: Es ist eine Signalwirkung nach außen. Ich liebe es, dass die ROMY es schafft, so wahnsinnig glamourös und sexy zu sein. Weil wenn wir wollen, dass die Leute ins Kino gehen, müssen wir auch glamourös und sexy sein. Das Abgründige schwingt beim österreichischen Film eh sowieso immer mit. (lacht) Aber ich liebe dieses große Zelebrieren bei der ROMY. Und deswegen bin ich da ein totaler Fan und freue mich absolut, wieder nominert zu sein. Vielleicht klappt's ja dieses Mal! (lacht)
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