Verdis "Attila" in comichafter Inszenierung

APA13580692-2 - 06072013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - Szene aus einer Probe von "Attila" im Theater an der Wien. Die Oper hat am 07. Juli 2013 Premiere. +++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND +++ APA-FOTO: MONIKA RITTERSHAUS
Giuseppe Verdis "Attila" in der Inszenierung von Peter Konwitschny im Theater an der Wien

So eine Verschwendung!“, „Ruhe!“, „Halt’ die Pappn!“ „Arschloch!“ „Geh’ nach Hause!“. Ja, wo Peter Konwitschny draufsteht, ist Action drin. So auch bei Konwitschnys Neuinszenierung von Giuseppe Verdis Jugendwerk „Attila“ im Theater an der Wien, die bei der Premiere etliche bewusst inszenierte und auch nicht-inszenierte Schreiduelle auslöste. Denn Konwitschny hat – das war zu erwarten – diesem „Attila“ jedes pathetische Nationalgehabe heruntergerissen und räumt mit Pseudo-Kriegsverherrlichungen genüsslich auf. Bis zum Exzess und in bester Comic-Manier.

Worum geht es? Hunnenkönig Attila hat Italien erobert und dabei den Vater einer gewissen Odabella getötet, in die er sich wiederum prompt verliebt. Odabellas Verehrer Foresto hat etwas dagegen, ebenso wie der römische General Ezio, der nur allzu gern statt Attila an die Macht kommen möchte. Odabella, Foresto und Ezio – jeder will Attila töten; Odabella wird es am Ende tun.

Kinder spielen Krieg

So weit, so Verdi (und seine Librettisten Temistocle Solera und Francesco Maria Piave). Nicht so bei Konwitschny, der in seiner hochmusikalischen und sehr komischen Inszenierung anderes betont und so den Blick auf Verdis Werk massiv schärft. Bei Konwitschny sind alle genannten Protagonisten zu Beginn Kinder, die in Johannes Leiackers Rund-Bühnenbild samt Einschusslöchern ein bisschen Krieg spielen. Mit Kochlöffeln und Schneebesen wird da gefightet.

Später werden diese Kinder sozialisiert. Sie werden zu Erwachsenen im Maßanzug, die zwischendurch eine Runde russisches Roulette – Tote inklusive – einlegen. Das Finale spielt dann im Altersheim. Alle sitzen in Rollstühlen, können körperlich kaum mehr, aber das Morden wollen sie doch nicht lassen. Gelernt hat der Mensch in seinem Leben also nichts.

All das bereitet Konwitschny sehr klug und extrem pointiert auf. Manche Arien werden mit von der Decke hängen Sprechblasen konterkariert: Das ach so überbordende Gefühlsleben aller Beteiligten wird auf seine Essenz hin abgeklopft und in seiner Hohlheit entlarvt.

Die Oper als Spielplatz

Auch die Gattung Oper an sich nimmt Konwitschny genüsslich, aber liebevoll aufs Korn. Wie oft muss man auf jemanden schießen, wenn dieser dann noch minutenlange Arien zu singen hat, eher er endlich Ruhe gibt? Das ist kontroversiell, jedoch sehr gescheit gemacht. Konwitschny kalkuliert die Proteste ein, spielt mit ihnen und mit Verdi. Die Oper aber lebt. Und das ist gut so!

Denn auch die musikalische Seite dieses „Attila“ kann sich hören lassen. Zwar neigt Dirigent Riccardo Frizza am Pult des sehr guten ORF Radio-Symphonieorchesters Wien ein bisschen zur Kraftmeierei; die Dramatik der Musik aber kommt bestens zur Geltung. Auch dank des famosen Arnold Schoenberg Chores und der Gumpoldskirchner Spatzen, die auch als Schauspieler stark gefordert sind. Dieser Verdi steht im Saft und hat sehr viel Kraft.

Zumal sich auch die Solisten profilieren. So ist der russische Bass Dmitry Belosselsky ein mächtiger, profunder, wohlklingender Attila, der auch darstellerisch keine Wünsche offen lässt. Als Römer Ezio zeigt der rumänische Bariton George Petean, warum er zu den Großen seines Fachs gehört. Exzellent.

Als Odabella setzt die Sopranistin Lucrezia Garcia dramatische Glanzlichter, als gelte es, die Arena von Verona zu füllen. Was sie wohl auch könnte. Nur der Tenor Nikolai Schukoff (Foresto ) müht sich gar sehr um die richtigen Töne; Andrew Owens und Stefan Cerny füllen ihre kleineren Partien souverän aus. Wie immer man zu diesem „Attila“ stehen mag, kalt lässt einen das Ganze nicht. Und das ist schon sehr viel wert.

KURIER-Wertung: **** von *****

Bilder aus "Attila" im Theater an der Wien

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