Verdichtet, gedichtet, gezeichnet

Reimo Wukounig, Ausstellung Heiligenkreuzerhof, 2017
Der Heiligenkreuzerhof in Wien lässt in den Kosmos von Reimo Wukounig eintauchen.

"Ich bin für die klare Linie", sagt Reimo Wukounig. Auch wenn der Weg des gebürtigen Kärntners, der kommenden März 75 Jahre alt wird, nicht immer geradlinig verlaufen ist, so ist dieses Credo doch in seinem Werk spürbar: In den ovalen Formen etwa, die wie das ultimative Destillat einer Porträtzeichnung anmuten, in Kompositionen aus Farbflächen und glockenähnlichen Umrissen, aber auch in scheinbar schnell hingeworfenen Handzeichnungen, die im Schauraum der "Angewandten" im Heiligenkreuzerhof in einer dichten Reihe gehängt wurden: Es ist ein faszinierendes, gewaltiges Werk, das sich mitunter so schwer festnageln lässt wie der zwischen allen Stilen und Medien wechselnde Künstler selbst. Wukounig vertrat Österreich 1976 bei der Venedig-Biennale (gemeinsam mit Rudolf Hoflehner, Rudolf Kedl und Wolfgang Walkensteiner), was, wie er erzählt, nicht unbedingt einen "Karriereturbo" bedeutete: Seine Galerie, die den Schwung hätte nutzen können, ging unmittelbar nach der Schau in Konkurs.

Kunst und Traumata

Traumatische Kindheitserfahrungen in einem Kärntner Zöglingsheim, die Wukounig in schonungslosen, fein ziselierten Zeichnungen für die Biennale verarbeitet hatte, blieben auch nicht die einzigen Lasten in seinem Leben: Der Künstler musste später auch eine schwere Augenverletzung und den Tod seines Sohnes verkraften.

Verdichtet, gedichtet, gezeichnet
Reimo Wukounig, Foto Carolin Walker
Die Kunst Wukounigs ist tief in dieser Biografie getränkt, wenn auch nicht auf vordergründige Weise: Das Motiv des Einäugigen etwa lässt sich in manchen seiner Kopf-Bilder feststellen. Doch auch eine mit Wuchtbleien versehene Malerpalette mit Daumenloch, die mit einer Leiter zur Wandskulptur arrangiert wurde, lässt sich als "Kopf eines Zyklopen" und verklausuliertes Selbstporträt verstehen.

Zum Biografischen gesellt sich bei Wukounig noch eine Fülle an Bezügen zur Literatur und zu künstlerischen Schutzpatronen, allen voran Paul Klee – wenn der Künstler einmal die Referenzketten erklärt, sollte man sich darauf einstellen, ihm stundenlang zuzuhören.

Dem uneingeführten Betrachter vermittelt sich vielleicht nicht das Detail, wohl aber die enorme gedankliche Dichte, mit der sich dieses Werk seit Jahrzehnten aufgeschichtet hat. Die Schau, die mit Exponaten verschiedenster Zeitabschnitte einen raren, umfassenden Einblick bietet, läuft noch bis 15. Dezember.

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