VALIE EXPORT im Interview: „Wir brauchen die offenen Systeme“

VALIE EXPORT im Interview: „Wir brauchen die offenen Systeme“
Die Vorreiterin feministischer Kunst wird 80. Ein Gespräch über Kindheitserinnerungen, ideale Familien und den Weg zu mehr Freizügigkeit

 Sie führte ihren Mitstreiter Peter Weibel einst als Hund spazieren, konfrontierte Männer mit deren „Genitalpanik“ und schuf ein umfassendes Werk aus Filmen, Videos, Fotos und Installationen. Kommenden Sonntag wird VALIE EXPORT, eine der international einflussreichsten Künstlerinnen Österreichs, 80 Jahre alt.

KURIER: Sie haben in Ihren Aktionen und Installationen oft das Thema des öffentlichen Raums behandelt. Wie nehmen Sie die Transformation dieses Raums wahr, die jetzt vor sich geht?

VALIE EXPORT: Derzeit ist der kleine, geschlossene Raum das, was wir aufsuchen sollen und wo wir bleiben sollen. Aber wir sind eine breite Gesellschaft, wir brauchen auch die offenen Systeme. Es ist immer auch schon so gewesen, dass wir uns diese Räume langsam erarbeitet haben.

Bei Ihren Aktionen, in denen Sie sich an Gebäudeteile anschmiegten, ging es auch um Machtstrukturen, die den Stadtraum bestimmen. Wie repressiv oder offen empfinden Sie speziell Wien heute im Vergleich zu damals?

Natürlich hat sich die Stadt mehr geöffnet. Interessante Neubauten haben wir in Wien und Umgebung aber kaum. Was meine „Körperkonfigurationen“ angeht, so schaut das zwar oft wie ein Anschmiegen aus – aber es war eine Erweiterung, Zuordnung oder Einordnung. Es gibt etwa eine Arbeit mit einem rot aufgemalten runden Gehsteig (Bild). Im Krieg, als ich ein kleines Kind war, da war die Stadt total abgedunkelt, und wenn wir zum Bunker gelaufen sind, gab es bei den Gehsteigen Zeichen, die mit phosphoreszierender Farbe aufgemalt waren. Wenn man eine Taschenlampe hatte, sah man dann, dass da ein Gehsteig oder ein Loch war. Das habe ich dann mit dem Rot nachvollzogen.

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