Troja: Hartmanns neues Burg-Projekt
Nach dem Erfolg seiner Work-in-Progress-Inszenierung von Tolstois "Krieg und Frieden" will Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann jetzt den nächsten Text-Berg erklimmen: "Das Trojanische Pferd", also Homers Vers-Erzählung vom Krieg um Troja, als Bühnenfassung. Diesmal soll es keine "öffentlichen Proben" geben, sondern tatsächlich eine Premiere: Am 4. Mai im Burg-Kasino. Wobei: Ganz sicher ist sich Hartmann da noch nicht.
KURIER: Wird es eine Premiere geben?
Matthias Hartmann: Weil mir der Vorwurf des Etikettenschwindels immer wieder laut zugeraunt wird, habe ich diesmal "Premiere" drauf geschrieben, und bereue das bereits. Ich möchte mir ein Mal im Jahr eine Arbeit mit offenem Ausgang leisten. Wahrscheinlich sollte man so eine Arbeit erst ankündigen, wenn sie fertig ist.
War das nicht gerade das Spannende an "Krieg und Frieden" – dass es nicht fertig war?
Die, die es gut meinen, sehen es so. Das Problem ist, dass wir im Theater, anders als ein Maler oder Bildhauer oder Schriftsteller, immer vorher ankündigen müssen, wann wir fertig sein werden. Bei Projekten wie "Das Trojanische Pferd" ist das aber Teil des Programms, kein Datum zu haben und möglichst lange im Prozess des Erfindens zu bleiben.
"Die Menschen sind die besseren Götter."
Wie erzählen Sie die Geschichte des Trojanischen Krieges?
Meine Dramaturgin Amely Joana Haag kam mit einem XXL-Einkaufswagen, voller Papier, Texte ohne Ende zum Thema Troja. Und da drin konnte man wühlen. Und wir haben uns lesend da hinein gearbeitet und uns gegenseitig mit Ideen angezündet. Meine Vorgabe war: Wir interessieren uns für den Moment, da der Krieg um Troja zu Ende zu sein scheint. Die Trojaner sehen plötzlich: Alle Griechen sind weg. Aber da steht ja ein Pferd vor der Tür! Wollen wir’s reinlassen? Und dann habe ich als Spielort den Hades gewählt: Vom Totenreich aus leisten die Figuren Erinnerungsarbeit, was da eigentlich passiert ist.
Wie stellen Sie die im Krieg um Troja höchst engagierten Götter dar?
Die Götter kommen kaum vor, wir kennen ja auch heute keine Götter mehr. Sie treten nur in Form von Kolportage auf, die Menschen berichten über sie. Überhaupt sind ja die Menschen die besseren Götter. Die Götter in der griechischen Mythologie sind eine üble Mafia.
Der Stoff ist riesig groß, wie findet man da ein Ende?
Dem Vollständigkeitsanspruch kann man nicht gerecht werden. Daher lassen wir aus den zerbrochenen Mauern von Troja Erinnerungssplitter aufsteigen, poetisches Funkeln, Schauspieler, die sich und ihre Figuren vorstellen, kleine Stationen des Weges beschreiben. Unser Text beginnt mit dem Satz "Endlich Frieden!". Mit diesem Trug. Und dann kommt die Frage, wozu all die Männer eigentlich gestorben sind.
"In Wien habe ich immer noch das Gefühl: Ich bin der Neue!"
Es gibt schon eine Textfassung?
Sie ist noch zu lange. Derzeit liege ich oft gemeinsam mit den Schauspielern auf dem Teppichboden und wir lesen einander die knackigsten Szenen vor. Wissen Sie, was man bei so einer Arbeit macht? Man träumt sich was. Man träumt und träumt und träumt, bis sich die Träume zu riesigen Wolkenkratzern auftürmen. Und dann will man das umsetzen – und kann es nicht spielen!
Aber Theater ist ja immer aus Luft gebaut.
Die Schauspieler haben mir den Vorschlag gemacht, als Moderator auf der Bühne mitzuspielen und immer zu beschreiben, wie es gewesen wäre, wenn wir es geschafft hätten. Um die Visionen im inneren Auge des Zuschauers entstehen zu lassen.
Ihr Vertrag als Burg-Direktor wurde verlängert. Sind Sie glücklich?
An anderen Theatern konnte ich immer relativ rasch das Ende absehen. In Wien habe ich immer noch das Gefühl: Ich bin der Neue! Es ist noch so viel zu tun!
Nicholas Ofczarek geht aus München wieder weg.
Er ist ja sozusagen nie in München gewesen! Ich habe immer gesagt, er bleibt im Burgtheater unter Vertrag. Der große Schauspielerschwund nach München hat nicht stattgefunden.
Harald Schmidt verliert seine Fernseh-Show. Er hat unter Ihrer Regie schon Theater gespielt. Jetzt könnten Sie ihn engagieren.
Bei mir ist Harald Schmidt immer willkommen, Er ist ein sensationeller Typ, ein guter Schauspieler mit einer exzellenten Stimme. Ich glaub nur nicht, dass er kommen würde. Er ist ein erfindungsreicher Mann, er wird sich etwas Neues einfallen lassen.
Troja im Kasino: Premiere am 4. Mai
Homer: Gemeinsam mit Amely Joana Haag erstellt Matthias Hartmann eine eigene Textfassung der Homer-Verse. Verschiedenste Stimmen kommen zu Wort und geben im Kollektiv Fragmente des ältesten verschriftlichten europäischen Mythos wieder, heißt es in der Ankündigung.
Ensemble: In der Regie von Matthias Hartmann (Bühne: Jan Lauwers) treten 17 Schauspieler und zwei Musiker auf.
Termine: 4., 5., 6., 12. Mai, jeweils 19 Uhr im Burgtheater-Kasino.
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