Die Volksopern-Direktorin fühlt sich dem Auftrag, zeitgenössisches Musiktheater für alle Menschen zu machen, tatsächlich verpflichtet. Ein Coup gelang ihr mit der Uraufführung von „Lass uns die Welt vergessen“ über die Ereignisse 1938: Während draußen der Ständestaatskanzler der Gewalt weicht und die Nazis die Macht übernehmen, probt drinnen, in der Volksoper, ein vornehmlich jüdisches Leading Team eine selig machende Operette. Realitätsflucht in bunten Kostümen und samt vielen saftigen Busserln wird unentwegt mit der zunehmend brutaleren Judenverfolgung kontrastiert. Die Schicksale (etwa von Fritz Löhner-Beda) berühren – zu Herzen gehen die Dialoge zwischen dem jüdischen Souffleur und dem alten Bühnenmeister. Ja, das ist, wenngleich sehr konventionell inszeniert, großes Volkstheater (im Gegensatz etwa zur „Heldenplatz“-Zertrümmerung für Hartgesottene). Ob der Begeisterung gab es bereits Zusatzvorstellungen, am 3. April folgt die nächste (schnell Karten sichern!), im Herbst sollen weitere angesetzt werden.
Ja, genau solche Produktionen wünscht man sich auch fürs Volkstheater! Es muss nicht der Burg nacheifern, es muss nicht zum Berliner Theatertreffen eingeladen werden, aber es muss auch die Menschen jenseits des Gürtels und der Donau ansprechen. Kay Voges hat sie samt und sonders in die Wüste der Wohnburgen geschickt.
Darüber hätte man reden müssen. Aber die Stadträtin wollte nicht, und die Staatssekretärin hat nichts mitzureden. Selbst der Bürgermeister dürfte mit seiner kolportierten Bitte nach einer österreichischen Lösung an Veronica Kaup-Hasler gescheitert sein. Und wie es aussieht, gibt man schon wieder einem Mann den Vorzug. Reine Spekulation, könnten Sie nun einwenden. Denn es gibt noch keine konkreten Hinweise.
In der Tat: Da sind extreme Geheimniskrämer am Werken. Man gab weder bekannt, wann die Hearings stattgefunden haben, noch wer in der Bestellungskommission sitzt. Mehr oder weniger gleichlautend erhielten nun mehrere Bewerberinnen und Bewerber aus Österreich die dürftige Nachricht, nicht in die engere Auswahl gezogen worden zu sein. Einer von ihnen ist Paulus Manker. Er durfte sein Konzept nicht einmal vorstellen.
Der Kollege von "News", ein alter Hase im Geschäft, ist sich ziemlich sicher, dass Jan Philipp Gloger, 1981 in Hagen geboren und seit 2018 Schauspieldirektor in Nürnberg, der Erwählte sei. Der Deutsche inszenierte unter anderem in Bayreuth, an der Volksoper („Die Dubarry“) und zuletzt im Burgtheater („Die Nebenwirkungen“). Auf eine Anfrage des KURIER reagierte das Staatstheater Nürnberg ausweichend. Könnte ein Indiz sein.
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