Ihr Tratschpartner könnte regelrecht ins Schwärmen geraten, wenn er sich in Erinnerung ruft, was Regensburger mit dem Tänzer Ismael Ivo (gestorben im April 2021) seit 1984 aufgebaut hat – vieler Widerstände des Kulturamts zum Trotz. Mehrfach waren ja Versuche gestartet worden, ihm das Wasser abzugraben. Zum Beispiel um die Jahrtausendwende, als es bei den Wiener Festwochen mit Hortensia Völckers eine eigene Kuratorin für Tanz gab.
Auch Christophe Slagmuylder, gegenwärtig Intendant, fischt mit Vorliebe in den Gewässern von Regensburger. 2020 zog er Anne Teresa De Keersmaeker für ein Solo an Land. Mit diesem Überlauf – nach 31 Produktionen bei Impulstanz – traf er Regensburger ins Mark. Heuer ist alles wieder gut: De Keersmaeker zeigt Mitte Juli „Mystery Sonatas“.
Der Kampf David gegen Goliath aber wird weitergehen. Denn Impulstanz erhält weiterhin nicht die Subvention, die der Strahlkraft und dem Programm auch nur annähernd angemessen wäre. Das Festival wurde in den letzten Jahren vom Wiener Kulturamt mit kumuliert 2,7 Millionen Euro gefördert; die stadteigenen, mit Affenliebe verteidigten Festwochen hingegen erhielten 10,7 Millionen.
Die Frage, was mit dem vielen Geld für die Festwochen passiert, lässt man gerne unbeantwortet. Man operiert mit Verschleierungstaktiken. Ein Beispiel: Die FAZ berichtete Mitte Juni durchaus lobend, dass „den jüngsten Aussendungen des Festwochenteams zufolge (…) insgesamt rund dreißigtausend Karten verkauft“ worden seien. Doch was die renommierte Tageszeitung schrieb, ist schlichtweg falsch. Denn es wurden 29.224 Karten „ausgegeben“, nicht verkauft. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
Ihr Tratschpartner wollte wissen, wie viele Karten tatsächlich zum Vollpreis verkauft, zum Freundschaftspreis verschleudert bzw. gratis verteilt wurden. Er fragte daher beim Kulturamt an. Denn: Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, zuvor Intendantin des Festivals Steirischer Herbst, hatte ihren Ex-Kollegen Slagmuylder zum Intendanten bestellt, und ihre ehemalige Mitarbeiterin Artemis Vakianis wurde ganz zufällig Geschäftsführerin.
Das Kulturamt verwies aber postwendend an die Festwochen. Und diese verweigerten die Auskunft. Sie fühlen sich von ihrer Schutzmantelmadonna beschützt, die im konkreten Fall kein Interesse an Transparenz hat. Bis der Stadtrechnungshof der Sache nachgeht, bleibt nur der Vergleich mit Impulstanz: Regensburger ist überzeugt, dass er heuer mehr als 30.000 Karten tatsächlich verkaufen werde. Und er erwartet sich, wenn ihm Corona keinen Strich durch die Rechnung macht, Einnahmen in der Höhe von zwei Millionen Euro. Die Festwochen kamen auf ein Drittel der Summe, konkret 768.832 Euro.
Falls Sie den Grund wissen wollen: Den Festwochen geht es nicht mehr darum, mit einem herausragenden Programm möglichst viele Karten zu verkaufen: „Letztlich relevant ist das Erreichen vorgegebener Budgetziele“, so der Pressesprecher. Diese können – theoretisch – so gesteckt sein, dass man sie auch ohne Besucher erreicht. Regensburger hingegen hat weiterhin ehrgeizige Ziele. Möge das Festival gelingen! Und möge die Neuausschreibung der Festwochen-Intendanz im Herbst transparent erfolgen.
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