Tori Amos: Von "ganz anders" blieb nicht viel übrig

Tori Amos, die Wien und Apfelstrudel liebt, Sonntag im Konzerthaus.
Die Pianistin bot im Wiener Konzerthaus wenig Überraschendes.

"Diesmal wird es ganz, ganz anders", versprach Tori Amos im KURIER-Interview für ihren Auftritt am Sonntag im Wiener Konzerthaus. Sie hatte nämlich ein Keyboard bekommen, das ihr viele neue Möglichkeiten bietet, ihre Songs live mit Beats und Sounds zu illustrieren. Die wollte sie bei den Shows der Herbsttour ausloten, weil sie sich dabei "wie ein Kind im Zuckerl-Geschäft" fühlt.

Von "ganz, ganz anders" ist jetzt – einen Monat später – nicht viel übrig. Nur der Beginn der Amos-Show ist in diesem Sinne vielversprechend: Das Keyboard spielt den mystischen Tribal-Beat und die infernalischen Untertöne von "Iieee" ein. Toll! Das hat Spannung.

Doch schon bei "Little Earthquakes" ist die 54-Jährige bei Gewohntem: Als Solistin am Klavier. Zwar wechselt sie während des Konzerts immer wieder zurück zum Keyboard, aber auch das klingt dann oft wie ein Piano. Gelegentlich sitzt Amos auch breitbeinig und rittlings am Hocker, starrt beschwörend ins Publikum und spielt mit der rechten Hand das Keyboard und mit der linken das Piano.

Frenetisch

Vorwiegend aber bearbeitet sie wie besessen das Klavier (das sie zwischendurch streichelt wie einen süßen Hund) – andächtig bei den sanften Passagen, frenetisch bei den wilden. Sie phrasiert Songs wie "Josephine" oder "The Beekeeper" mit dem Amos-typischen Drama, haucht, schreit und flüstert, macht jeden Atemzug hörbar.

All das ist extrem auf Pathos und Intensität getrimmt. Aber beides kommt dabei so massiv daher, das es bald den Reiz verliert und mehr wie ein Schauspiel wirkt, als wie gelebte Emotion, die hier und jetzt Ausdruck findet.

Später wird klar, was bis über weite Strecken auch noch fehlt: Etwas, das alle jene mitnimmt, die keine Hard-Core-Fans sind und jeden Ton der höchst komplexen, höchst anspruchsvollen Songs verinnerlicht haben. Bei "1000 Oceans" ist das die etwas eingängigere zauberhafte Melodie. Und in der Zugabe ist es der elektronische Beat aus dem nach dem Beginn arg unterforderten "Zuckerl-Geschäft"-Keyboard, auf dem Amos durch "A Sorta Fairytale" schwebt.

Keine Frage, Amos zählt zu den Spitzen-Künstlern der Pop-Branche. Ein bisschen mehr Emotion und häufigere Abwechslung im Sound wären in Wien aber wünschenswert gewesen.

KURIER-Wertung:

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