"Ich klinge wie eine Elfe auf Crack"

Im Gespräch mit Tori Amos in Barcelona
Ende September erscheint Tori Amos' erstes Musical "The Light Princess" als Album. Im KURIER-Gespräch erklärt sie, warum sie darauf nicht selber singt.

2015 war es bislang ziemlich ruhig um Tori Amos. Nach einer ausgedehnten Welttour im Vorjahr zog sich die US-Musikerin zurück, um ihr erstes Musical „The Light Princess“ im Studio aufzunehmen. Das an ein schottisches Märchen angelehnte Stück über zwei verfeindete Königshäuser hatte im Herbst 2013 im Londoner National Theatre Premiere gefeiert und Kritiker gespalten.

Während die Inszenierung und die Hauptdarstellerin Rosalie Craig durch die Bank gelobt wurden, wurde von manchen der feministische Unterton des Stückes, aber auch die Musik selbst als zu wenig einprägsam kritisiert. Andere wiederum verglichen Amos' Komposition mit Musiktheater-Größen wie Leonard Bernstein und Stephen Sondheim.

Album im September

Die Studio-Aufnahme mit dem gesamten Ensemble dürfte nun aber endlich im Kasten sein. Das Album soll Ende September veröffentlicht werden, wie Tori Amos im Gespräch mit dem KURIER am Rande des Primavera Sound Festivals in Barcelona verriet. Als Vorbild für die aufwändige Produktion dienten Klassiker wie „Hair“ oder „Jesus Christ Superstar“.

„Heute werden solche Projekte normalerweise in ein bis zwei Tagen aufgenommen. Mein Plattenlabel Universal gab mir aber die Freiheit, das ganze wie ein vollwertiges Album anzugehen und so hoffentlich eine Klangwelt zu erschaffen, die dem Stück gerecht wird“, so Amos.

"Elfe auf Crack"

"Ich klinge wie eine Elfe auf Crack"
US-Sängerin Tori Amos bei der Präsentation ihres neuen Albums "Unrepentant Geraldines" in Berlin
Dass die US-Musikerin, die als Klavier-Wunderkind im Alter von fünf Jahren am angesehenen Peabody-Konservatorium in Baltimore aufgenommen wurde, auf dem Album weder Klavier spielt noch singt, mag so manchen Fan überraschen. Die Erklärung ist laut Amos aber einfach: „Ich klinge wie eine Elfe auf Crack. Das ist kein Geheimnis. Singen ist einfach nicht meine Stärke.“

Umso reizvoller sei es deshalb gewesen, für Stimmen zu schreiben, ohne auf gesangstechnische Einschränkungen Rücksicht nehmen zu müssen. „Wenn man für sich selber schreibt, dann ist man durch das eigene Instrument eingeschränkt. Aber für Leute mit solchen Stimmen schreiben zu dürfen! Das hat mir eine völlig neue Welt eröffnet: Der Umfang der Stimmen, die Farben, und das beste: ich konnte für Männer schreiben“, sagt Amos.

Mit dem Musical, das Amos mit dem britischen Autor Samuel Adamson konzipierte, habe sie ein modernes Märchen schaffen wollen, in dem Teenager authentisch portraitiert werden. „Charaktere in Musicals sind oft eindimensional bzw. werden gewisse Emotionen ausgespart. Wir wollten ein Stück für das 21. Jahrhundert schaffen“, so Amos. Nach dem mehrmonatigen Erfolgslauf in London hofft die US-Musikerin, das Stück auch am Broadway in New York realisieren zu können.

Schwieriger Blick zurück

Um die Wartezeit auf die Musical-Aufnahme zu verkürzen, können sich Fans die beiden ersten Alben von Tori Amos, „Little Earthquakes“ und „Under the Pink“, in überarbeiteter Sound-Qualität und mit zahlreichen Bonus- wie Live-Tracks zu Gemüte führen. Sich mit diesen Songs auseinanderzusetzen, die vor mehr als 20 Jahren entstanden sind, sei nicht immer einfach gewesen, sagt Amos zum KURIER. „Die Person, die man auf diesen Alben hört, klingt oft traurig und leer. Die Geburt meiner Tochter war sehr heilsam und hat alles zum Besseren verändert.“

Dass Amos die emotional aufwühlenden Songs dennoch auch heute noch gerne in ihren Konzerten spielt, hänge stark mit den Reaktionen ihrer Zuhörer zusammen. „Die Songs haben im Laufe der Jahre ein Eigenleben entwickelt. Jede Geschichte, die mir Leute zu einem Lied erzählen, wie sie es wahrnehmen, was sie in ihrem Leben erlebt haben, wird zu einem Teil des Songs und schreibt diesen weiter. Ich sehe also nicht mehr meinen eigenen Film, wenn ich diese Lieder spiele, sondern die Tausenden Filme aller Leute, die von dem Stück berührt wurden.“

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