Und ganz auf Ästhetik, auf pure Bebilderung getrimmt ist auch die Inszenierung von David McVicar – man singt und spielt trotz der Koproduktion mit dem Royal Opera House London – in deutscher Sprache, die vor allem eines zeigt: Optik ist alles. Da fahren die Säulen eines Palazzo oder Hotels in der Gegend herum, da gibt es einen Lido im Postkartenformat, da kommt das eine oder andere Vaporetto vorbei, da tragen alle Protagonisten brav die schönen (Bühne und Kostüme: Vicki Mortimer) Kleider der damaligen Zeit. Und die Choreografie (Lynn Page) spielt wie so oft bei McVicar eine sehr große Rolle, die hier sogar trotz aller Behübschung gut eingesetzt ist.
Was der Regie fehlt, ist eine Dringlichkeit, ein Kommentar zu diesem Werk, eine Analyse. Aber diese Produktion ist dennoch ein würdiger Abschluss der Ära von Direktor Robert Meyer, die vor allem in musikalischer Hinsicht reüssieren kann.
Denn mit Rainer Trost als Gustav von Aschenbach hat das Haus am Gürtel einen fabelhaften, intensiven Protagonisten. Denn der bisher meist „nur“ auf Mozart-,oder Oratorien-Rollen spezialisierte Tenor erobert sich mit „Tod in Venedig“ ein neues Terrain. Da steht ein Charakterdarsteller auf der Bühne, der seine Stimme vorzüglich führt, sich aber auch in den Sprechgesang vorwagt. Eine exzellente Leistung.
Neben Trost – die Damen sind ja alle zu eher kleinen, aber stets gut interpretierten Partien angehalten – profiliert sich Martin Winkler als „Der Reisende“ (auch Hoteldirektor), dazu kommen Tomas Lichtenecker als Stimme des Apoll (nur eine Traumsequenz), Flavio Paciscopi als Jaschiu und – ein Ereignis – der Tänzer Victor Cagnin als Tadzio. So geht getanzte Serenissima!
Eine Serenissima, die mit all ihren Seufzern, Sehnsüchten, Leerläufen und Leiden im Chor (diesfalls in den Logen platziert) und im Orchester die perfekte Unterstützung erhält. Denn Dirigent Gerrit Prießnitz nimmt Britten beim Wort (und damit beim Ton) und sorgt für einen herrlichen kammermusikalischen Ton. Das Orchester passt sich dabei der venezianischen Atmosphäre perfekt an und macht Lust auf eine Reise in die Lagunenstadt. Jubel für alle!
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