Thomas Quasthoff beendet Gesangskarriere

Der Bassbariton Thomas Quasthoff beendet seine Gesangskarriere. Er geht "ohne Bitterkeit". Die Klassikwelt zollt Respekt.

Im Alter von 52 Jahren hört einer der bedeutendsten Liedinterpreten auf. "Ich singe seit fast 40 Jahren und nehme mir das Recht heraus, zu sagen: ,Jetzt reicht`s", bestätigte der deutsche Bassbariton gegenüber news.at. In letzter Zeit hatte er zahlreiche Konzerte wegen stimmlicher Probleme absagen müssen.

"Ich habe mir die Sache lang überlegt. Auch mein Arzt hat mir empfohlen, mir mehr Zeit für mich selbst zu nehmen." Von seinen Fans wolle er sich nur mit einer Aussendung verabschieden. Alle Auftritte wurden rückwirkend mit 1. Jänner storniert.

"Ohne Bitterkeit"

Nach seiner "beinahe 40 Jahre andauernden, beispiellosen Karriere als Sänger" nimmt Thomas Quasthoff von der Konzertbühne Abschied. In einer der APA vorliegenden Mitteilung seiner Künstleragentur wendet sich der deutsche Bassbariton persönlich an seine Kollegen und Fans.

"Ich habe mich entschlossen, mich nach fast 40 Jahren aus dem Konzertleben zurückzuziehen, weil es mir meine Gesundheit nicht mehr erlaubt, dem Anspruch, den ich immer an mich selber und an die Kunst gestellt habe, gerecht werden zu können. Ich habe dem Beruf sehr viel zu verdanken und gehe ohne Bitterkeit. Im Gegenteil - ich freue mich auf neue Herausforderungen, die es in meinem Leben geben wird. Ich bedanke mich bei allen Musikerkolleginnen und -kollegen, mit denen ich gemeinsam auf der Bühne stehen durfte, bei allen Veranstaltern und bei meinem Publikum für ihre Treue."

Widmet sich Sängernachwuchs

Quasthoff werde sich weiterhin intensiv dem Sängernachwuchs widmen und so wie bisher an der Hochschule für Musik " Hanns Eisler" in Berlin sowie bei internationalen Meisterkursen unterrichten. Auch dem von ihm ins Leben gerufenen internationalen Liedwettbewerb "Das Lied" wird er weiterhin als künstlerischer Leiter vorstehen wird. Als Künstler werde er in Zukunft als Sprecher, bei Lesungen sowie im Rahmen der neuen Reihe "Thomas Quasthoffs Nachtgespräche" am Konzerthaus Berlin auf der Bühne zu erleben sein." In Wien wird er wie vorgesehen als Sprecher bei Schönbergs "Gurre-Liedern" im Rahmen der Festwochenkonzerte im Musikverein am 2. und 3. Juni auftreten.

Reaktionen

Die Klassikwelt zollt dem Ausnahmekünstler nach dem Rücktritt vollen Respekt: "Mit ihm verliert die Musikwelt eine einzigartige Stimme und einen außergewöhnlichen Künstler", bedauerte Starpianist Rudolf Buchbinder in seiner Funktion als künstlerischer Leiter des Festivals in Grafenegg Quasthoffs Rückzug, dessen geplanten Auftritt zur Eröffnung nun Michael Schade wahrnehmen wird.

"Wir bedauern diese Nachricht zutiefst, weil Thomas Quasthoff eine überragende Künstlerpersönlichkeit ist und dieser Schritt einen Verlust für die ganze Musikwelt darstellt", beschied in einer Mitteilung auch der Orchester-Vorstand der Wiener Philharmoniker, Clemens Hellsberg. Der Direktor der Wiener Staatsoper, Dominque Meyer, unterstrich seinen großen Respekt vor der Entscheidung des Sängers: "Nur ganz wenige Künstler können so entscheiden. Er hat einen sehr hohen Anspruch an sich gestellt."

"Ein Mensch wie Thomas Quasthoff ist für die Salzburger Festspiele schlicht unersetzlich", bedauerte Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler am Mittwoch in einer Stellungnahme. "Seine in jeder Beziehung besondere Stimme hat Publikum wie Kritik gleichermaßen berührt, beeindruckt und oft erschüttert."

Auch der Münchner Staatsopernintendant Nikolaus Bachler bedauerte den Rückzug: "Dass ein so berührend wie klangschön gestaltender Sänger wie Thomas Quasthoff beschlossen hat, nicht mehr aufzutreten, ist ein großer Verlust für die Musikwelt." Völlig perplex zeigte sich hingegen der Intendant der Philharmonie Essen, Johannes Bultmann: "Ich muss ehrlich sagen, dass diese Nachricht mich schockiert hat." Der Mut, Konsequenzen zu ziehen, sobald die eigenen hohen Ansprüche nicht mehr erfüllt werden könnten, sei aber bemerkenswert.

 

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