Mit unglaublichem Tempo hatte der knapp dreistündige Abend begonnen – aus dem Nichts. Denn Ausstatterin Karin Fritz stellte bloß eine nüchterne Zimmerkiste mit drei Türen auf die Bühne. Die Figuren, ob der anstehenden Fahrt nach Monte Mare in freudiger oder verzweifelter Erregung, sind ohnedies schillernd. Auch vom Outfit her – im Stil der späten 60er- oder frühen 70er-Jahre. Die Komödie von Carlo Goldoni aus 1761 ganz in die Ära der digitalen Kommunikation zu holen, geht einfach nicht. Zu oft werden Briefe geschrieben und von den Dienern Botengänge absolviert. Wäre die Gier nach Trinkschokolade nicht derart groß, könnte man ohnedies meinen, einem zeitgenössischen Stück beizuwohnen. Denn die Urlauber übertrumpfen sich gegenseitig – mit Designerware, Trüffel und Champagner auf Pump.
Gleitender Paravent
Doch zunächst steht die Abreise an. Regisseur Janusz Kica verschwendet keine Sekunde mit lästigen Auftritten: Ein Paravent gleitet über die Bühne – und schon ist eine Figur herbeiteleportiert. Ein gelungener Gag. Claudius von Stolzmann agiert fahrig wie Louis de Funès in Bestform. Sein Leonardo wird von Eifersucht zerfressen – wegen Guglielmo, der in der Gestalt von Alexander Absenger nicht nur einen Kopf größer, sondern auch ziemlich cool ist. Zum Glück steht die Schwester auf ihn. Notgedrungen – wegen Giacinta, der ernsthaften Angebeteten – willigt Guglielmo ein, Vittoria zu heiraten. So kann nach vielem Hin und Her die Fahrt beginnen. In diesem ersten Akt überschlagen sich die Ereignisse, garniert mit wunderbarem Slapstick: Von Stolzmann will fuchsteufelswild auf das Paket mit dem neuen Kleid springen, doch Paula Nocker in High Heels kickt es weg.
Dann werden die Kulissen zusammengeklappt, zum Vorschein kommt ein angedeutetes Seebad. Man lässt sich nun mehr Zeit, singt Lieder von Paolo Conte, und alle im 14-köpfigen Ensemble vermögen zu begeistern: Raphael von Bargen schleimt sich bei einer „alten Schachtel“ (die agile Marianne Nentwich) ein; Marcus Bluhm bejammert sein Loser-Schicksal; Marcello De Nardo schleudert es als Kellner herum; Matthias Franz Stein gibt mit Clutch einen Schnösel, der nicht einmal den Liegestuhl aufstellen kann, Martina Stilp ist als Costanza eine abgebrühte Femme fatale. Und Paula Nocker strippt für ihren Bräutigam, doch der hat nur Blicke für die Giacinta der Juliette Larat.
Nach der Pause macht sich tiefe Ernüchterung breit. Man sieht die Rückseiten der Kulissen, die Figuren tragen trotz der vereinbarten Hochzeiten Trauer. Denn Giacinta unterdrückt ihre Gefühle für Guglielmo – und geht mit Leonard nach Genua. Die Pflicht ruft. Ein herbes Ende.
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