"Nicht niederkuscheln"

Keith Warner.
Der Regisseur über seine Ideen zur "Dreigroschenoper".

Er hat mit seinen Inszenierungen im Theater an der Wien schon öfters für Furore gesorgt. Nun wagt sich Keith Warner an Bert Brechts und Kurt Weills "Dreigroschenoper". Doch wie sieht der gebürtige Brite dieses Werk? Ist die "Dreigroschenoper" ein Theaterstück, wie die einen behaupten? Oder doch eine Oper, wie andere finden? Warner lacht: "Eine Mischung aus beidem. Aber eigentlich markiert die ,Dreigroschenoper‘ die Geburtsstunde des Musicals", sagt Warner im KURIER-Gespräch. Schneller Nachsatz: "Natürlich nur jene der guten Musicals, wie sie etwa ein Stephen Sondheim und natürlich ein Leonard Bernstein geschrieben haben."

Eine Frage der Balance

Warner, der auch in der kommenden Saison an der Wien inszenieren wird, weiter: "Wichtig war es in den Vorbereitungen, die richtige Balance zwischen Text und Songs zu finden. Wir haben also beim Text Striche gemacht, immerhin kommt diese Produktion ja an einem echten Opernhaus heraus, das mir im Laufe der Jahre zu einer wahren Heimat geworden ist", so der 59-jährige Künstler. Doch in welcher Zeit verortet Warner das im Jahr 1928 in Berlin uraufgeführte Werk? "Wir haben uns für die 50er-Jahre entschieden, also die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Es herrscht Armut, jeder kämpft mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln ums persönliche Überleben. Außerdem rettet am Ende des Stückes ein Bote der Königin Mackie Messer vor der Hinrichtung. Daher ist folgerichtig, das alles zur Zeit der jungen Königin Elisabeth II. anzusiedeln."

Misstrauen

Hat Warner aber ein Problem mit dem abrupten Happy End? Der Regisseur muss lachen: "Wieso sollte ich als Brite ein Problem mit der Queen haben? Aber im Ernst: Für mich ist eine der Grundaussagen dieses Stückes, dass nur wir Menschen etwas verändern können. Keine Politiker oder Staatsmänner, die uns irgendetwas vorgaukeln, haben tatsächlich eine Lösungskompetenz. Denken Sie nur an Tony Blair, der als Hoffnungsträger galt und dann mit diesem Kriegsverbrecher Bush gemeinsame Sache gemacht hat. Ich misstraue der Politik aus eigener Erfahrung zutiefst."

Einer der Gründe für Warners Misstrauen: "In meiner Heimat hat der Staat den kulturellen Institutionen fast alles Geld gestrichen. Nicht einmal mehr Ensembles können erhalten werden. Das ist Wahnsinn! Dagegen hat es Österreich wirklich gut, und ich wünsche mir und uns allen, dass das auch so bleibt."

Und was wünscht sich Warner noch? "Dass diese ,Dreigroschenoper‘ das Herz und den Verstand des Publikums erreicht. Wenn wir es schaffen, in Form der Unterhaltung auch noch Botschaften zu transportieren, dann haben wir hier schon viel erreicht. Eines aber lehne ich am Theater grundsätzlich ab: Den sprichwörtlichen Holzhammer! Ich denke, die Menschen, die in ein Theater kommen, sind klug genug, um subtile Anspielungen zu verstehen. Das heißt nicht, dass wir Brecht und Weill niederkuscheln."

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