"Suffragette": Bürgerkrieg der Geschlechter

Carey Mulligan als Maud Watts.
Unkonventionelle Frauen erkämpfen das Wahlrecht – konventionell erzählt.

In Österreich trat das allgemeine Frauenwahlrecht 1918 in Kraft, in Saudi-Arabien erst Ende letzten Jahres. In Großbritannien dauerte es bis 1928, ehe alle Frauen wählen durften; davor, ab 1918, war es nur einigen ausgewählten ab dem Alter von 30 gestattet. Die italienische Frau ging erst nach dem Zweiten Weltkrieg zur Urne, die Griechin 1952, und von der Schweizerin wollen wir gar nicht erst anfangen.

Was man also heute in unserem zivilisatorischen Umfeld gern als Selbstverständlichkeit hinnimmt – dass Frauen wahlberechtigt sind wie Männer – liegt oft noch gar nicht so weit zurück. Und verdankt sich dem zähen Emanzipationskampf von Frauen wie den sogenannten Suffragetten, die im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts zum Bürgerkrieg der Geschlechter aufriefen.

Im London von 1912 steht eine junge Wäschereiarbeiterin namens Maud Watts vor einem Kindermodengeschäft und betrachtet die Auslage, als ein Stein in die Scheibe kracht. Ein Gruppe von Suffragetten geht neben ihr in Stellung und fordert lautstark "Wahlrecht für Frauen!"

Am nächsten Tag wird Maud von einer der Beteiligten zu einem Treffen eingeladen. Sie beginnt, sich für den Kampf ums Wahlrecht zu interessieren und gerät in Konflikt mit ihrem Gatten.

Die zartgesichtige Carey Mulligan als Maud tut alles, um den inneren und äußeren Kampf der jungen Frau ergreifend nahezubringen. Gequält erträgt sie die Annäherungen ihres Bosses und ringt um Verständnis bei ihrem Ehemann.

Doch Komplexität ist nicht die Stärke von Regisseurin Sarah Gavron, sondern braves Engagement, das in Erzählkonventionen endet. Möglichst eindringlich will sie den oft überraschend grausamen Geschlechterkampf erzählen; wenig Zeit bleibt für Nuancen. Auch die Kämpferinnen rund um Helena Bonham-Carter als streitbare Apothekerin bleiben etwas schematisch.

Terrorismus

Trotzdem nimmt "Suffragette" an Fahrt auf: Brendan Gleeson als Polizeiinspektor lässt heimlich Fotos von den Aktivistinnen machen und stuft ihre Gefährlichkeit ein. Diese beginnen, Briefkästen zu sprengen, Bomben zu legen, Attentate zu planen. Sie stellen für das System eine terroristische Gefahr dar, auf die der Staat mit großer Härte reagiert: Frauen werden verprügelt, ins Gefängnis geworfen, brutal zwangsernährt.

Und das ist das eigentlich Verblüffende, weil es heute leicht in Vergessenheit gerät: Wie gewaltvoll und mitleidslos das Ringen um Emanzipation zwischen Männern und Frauen tatsächlich war.

Info: "Suffragette". 106 Min. Von Sarah Gavron. Mit Carey Mulligan, Helena Bonham-Carter, Anne-Marie Duff.

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