Sterben muss Jedermann auch als Frau: Sommertheater in Rodaun

Eine Frau mit roter Perücke wird von einem Mann im roten Hemd gehalten.
Das Wiener Theaterprojekt "frauJEDERmann" bringt das berühmte Stück dorthin zurück, wo es geschrieben wurde - und dreht die Geschlechterrollen um.

Kein Stück hat sich hierzulande mehr im kollektiven Gedächtnis eingenistet als der „Jedermann“. In Salzburg wurde zuletzt über Besetzungen ungewohnten Geschlechts (Glaube, Tod, Teufel ...) mit diesen Erwartungen gespielt.

In Rodaun wird das – mit weit weniger Aufmerksamkeit – auf die Spitze getrieben. Kaum Männer findet man in den beiden Schauspiel-Teams des ambitionierten Theaterprojekts. Und just die Titelrolle wird von drei Frauen gespielt. Willkommen bei „frauJEDERmann“.

Eine Gruppe Frauen mit roten Perücken und bunten Kostümen stößt mit Sektgläsern an.

Eine Szene aus dem Theaterstück „Frau Jedermann“ mit zwei Schauspielern.

Eine Frau mit roter Perücke interagiert mit einer anderen Frau durch eine Plastikfolie.

Eine Frau mit roter Perücke und ein Mann stoßen mit Weingläsern an.

Eine Szene aus einer Theateraufführung mit einer Frau in roter Perücke und einem Mann, der ihr die Hand küsst.

Zwei Personen halten einen überdimensionalen Totenkopf auf einer Bühne.

Die Bergkirche Rodaun mit ihrem grünen Turm unter blauem Himmel.

Eine Szene aus einer Theateraufführung mit zwei Schauspielern auf der Bühne.

Eine Gruppe von Frauen mit roten Perücken und farbenprächtigen Kostümen posiert für ein Foto.

Eine Frau mit roter Perücke wird von einem Mann im roten Hemd gehalten.

Erstaunlich ist, wie wenig adaptiert werden musste, um das stimmig zu gestalten. Die Buhlschaft wird halt zum „Buhler“, es bleibt alles schön hetero. Auch sonst lauern – außer dem Umstand, dass Jedermann eine Frau mit knallroter Perücke sein kann – hier kaum neue Erkenntnisse.

Eine Abendveranstaltung mit Publikum vor einer beleuchteten Kirche.

Würdiger Ort

Warum Rodaun? Hier schrieb Hugo von Hofmannsthal 1911 seinen „Jedermann“. Der Genius loci könnte also nicht würdiger sein. Die Rodauner Bergkirche steht wie eine Schauspielerin bei der Bühne und läutet stur ihre Glocken – mitunter passend zum Text. Dieser wird ungekürzt aufs Publikum losgelassen. Ein Beleg dafür, wie sinnvoll die Straffung in Salzburg ist.

Eine Szene aus einer Theateraufführung mit zwei Schauspielern auf der Bühne.

Darstellerisch überzeugten am Samstag vor allem Frau Jedermann 2 (Katharina Hauer) und der Tod (Georg Fiala) – hier ein Postbote, der von ganz oben mit einer letalen Sendung betraut wird.

Eine Luxus-Besetzung bis in die Kleinstrollen kann man in Rodaun freilich nicht auf die Beine stellen. Aber Marcus Marschaleks Truppe punktet mit viel Musik, tollen Lichteffekten und manch charmantem Einfall: So wird etwa die moderne Tischgesellschaft ins Pausengeschehen integriert. Gott wird von den Armen gespielt, die ihrer Peinigerin verzeihen. Dennoch wird hier kein zweites Mal gelebt – sterben muss auch Frau Jedermann. 

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