Später haben Sie in Wien studiert und daneben diverse Jobs ausprobiert, Sie sollen auch Billeteur im Burgtheater, Bademeister und Reiseführer gewesen sein.
Wenn man sich an den diversen Schauspielschulen in Deutschland bewirbt, muss man richtig eine Tournee machen. Das kostet Geld. Und da habe ich eben gejobbt.
In Wien haben Sie es gar nicht versucht?
Schon, aber am Reinhardt Seminar haben sie mich nicht genommen. Also war ich ein Semester am Konservatorium. Dann entschloss ich mich, die große Runde zu machen. So ging es zuerst einmal nach Rostock. Ich wollte auch in Graz und Salzburg vorsprechen, aber dazu kam es nicht, weil ich bereits in Berlin aufgenommen wurde.
In Ihrem Solo verarbeiten Sie Ihre Erlebnisse als Reiseführer. Was haben Sie denn den Touristen in Wien gezeigt?
In Wien braucht man eine Ausbildung, die ich nicht hatte. Ich habe die Touristen, viele aus den Südstaaten, in München am Flughafen in Empfang genommen – und sie eine Woche oder zwei begleitet. Das war im Jahr 2000, sie kamen wegen der Oberammergauer Passionsspiele. Die sind in Amerika ein Riesending.
Wie die Trapp-Familie und „Sound of Music“ ...
Die Kassette lief im Bus rauf und runter. Die Touristen waren aber auch an allem über Adolf Hitler, den Nazis und dem Zweiten Weltkrieg interessiert. Auf dem Programm der Touren standen unter anderem Nürnberg und die KZ-Gedenkstätte Dachau.
Bachmann wollte Ihr Solo unbedingt hier präsentieren. Aber dabei hat es gar nichts mit Wien zu tun?
Nicht direkt. Ich fahre mit einem Reisebus auf die Bühne – in Köln war es ein echter Bus, im Akademietheater ist es ein täuschend echter Nachbau inklusive Rostflecke – und nehme das Publikum mit auf eine Reise.
Sie erweisen dabei Charlie Chaplin Ihre Reverenz.
Ja, ich zitiere die berühmte Rede des falschen Diktators Hynkel, der einen Appell für Menschlichkeit und Weltfrieden abgibt. Aber das Stück, das ich mit Regisseur Rafael Sanchez und dem österreichischen Autor Eberhard Petschinka entwickelt habe, hat mehrere Komponenten, auch autobiografische Teile und erfundene. Es geht, würde ich sagen, recht rasant zu in den 80 Minuten.
Letzten Sonntag hatte die „Schachnovelle“ Premiere. Bachmann zeigt also innerhalb einer Woche zwei Produktionen, die von Schauspielern entwickelt wurden. Ein bewusstes Statement?
Das müssen Sie Herrn Bachmann fragen. Ich kann nur sagen: Er liebt die Schauspieler und schaut ihnen wahnsinnig gerne zu. Aber insgesamt gibt es in dieser Saison eine große Vielfalt an Zugängen und Umsetzungen.
In welcher Produktion wird man Sie noch sehen?
Am 6. Dezember hat „Liliom“ von Molnár in der Regie von Philipp Stölzl Premiere.
Den Hutschenschleuderer ...
... spielt die wunderbare Stefanie Reinsperger. Sie hat mit Cross-Besetzungen schon viel Erfahrung, war in Berlin Bernhards „Theatermacher“. Ich übernehme verschiedene Rollen, darunter den Wolf Beifeld. Das Besondere ist: Es gibt eine ausschließlich österreichische Besetzung.
Und warum höre ich bei Ihnen das Mühlviertlerische nicht heraus?
Ich war ja 23 Jahre in Deutschland. Und gleich am ersten Tag in der Schauspielschule haben sie mir mit einem Gedicht von Christian Morgenstern – „Ein Rabe saß auf einem Meilenstein“ – das Österreichische ausgetrieben. Aber wenn ich jetzt bei meinen Eltern bin, rutsche ich schnell wieder in den Dialekt. Das hat auch Auswirkungen auf den „Großen Diktator“. Denn unter den etwa 40 Figuren, die ich verkörpere, sind etliche Österreicher. Für Köln musste ich ein generisches Österreichisch entwickeln. Denn sonst hätte man mich nicht verstanden. Hier aber darf ich den Dialekt ausleben.
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