Stantejsky-Prozess: Mobbing und "zu viele Zahlen" im Burgtheater

Ex-Generaldirektor der Bundestheater-Holding, Georg Springer
Das Protokoll von Tag vier - Auftritt Georg Springer.

Die Beiziehung eines "kaufmännischen Gewissens im Bereich des künstlerischen Geschäftsführers" sei nicht die Idee des inzwischen entlassenen Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann gewesen. Das sagte der Ex-Generaldirektor der Bundestheater-Holding, Georg Springer, am Mittwoch beim von Silvia Stantejsky angestrengten Arbeitsgerichtsprozess als Zeuge. Der Vorschlag sei von ihm, Springer, gekommen.

Hartmann hatte bisher stets betont, dass er den deutschen Theaterexperten Peter F. Raddatz engagiert habe, um Klarheit über ein für ihn nicht nachvollziehbares kaufmännisches System im Burgtheater zu gewinnen. Dies stellte Springer heute in der vierten Tagsatzung gegenüber Richter Helge Eckert völlig anders dar. Nachdem er erfahren habe, dass Versuche der damaligen kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky und der damaligen Vizedirektorin Karin Bergmann, Hartmann die Budgetierungssysteme des Burgtheaters zu erklären, nicht gefruchtet hätten (Hartmann laut Springer: "Zu viele Zahlen!"), habe er Hartmann den Vorschlag gemacht, eine Unterstützung der künstlerischen Geschäftsführung in kaufmännischen Agenden zu suchen.

Nach spätem Scheitern der konkreten Verhandlungen mit einem ersten Kandidaten sei "ein gewisser Herr Raddatz" "der zweite Versuch" gewesen. Dieser sei damals für die Opernstiftung Berlin tätig "und am Sprung nach Hamburg" gewesen und habe im Jänner 2012 auf Wunsch Hartmanns und später noch einmal im Februar 2013 an Aufsichtsratssitzungen teilgenommen. Bei der ersten Sitzung habe er gesagt, "er werde hier eine Planung einführen", bei der zweiten habe er gänzlich geschwiegen. Raddatz habe nie Kritik geäußert und "nur unter Kenntnis der deutschen Rechtslage auf Punkte hingewiesen, die er nicht verstünde im österreichischen System", was etwa die Abschreibung von Produktionen betreffe. "Es gibt kein einziges schriftliches Belegstück für eine Beratungstätigkeit von Herrn Raddatz", betonte Springer, allerdings aufgrund seines Honorars "einen finanziellen Abgang, der wesentlich über dem Nettobezug eines kaufmännischen Geschäftsführers liegt".

Später habe es noch zwei Versuche gegeben, kaufmännische Experten für den künstlerischen Geschäftsführer zu finden, "eine Dame und dann ein sehr junger Herr, ich nehme an beide auf Empfehlung von Matthias Hartmann". Beide seien jedoch letztlich nicht engagiert worden, sagte Springer.

Eine neuerliche Bewerbung Stantejskys um die Position einer kaufmännischen Geschäftsführerin habe er nicht unterstützen können, da im Aufsichtsrat immer mehr Gegenwind und auch zunehmende Distanz des künstlerischen Geschäftsführers spürbar gewesen sei, die sogar Richtung Mobbing gegangen seien. "Ich war aber der festen Überzeugung, dass es schädlich ist für das Burgtheater, wenn zwei nicht mehr kommunikationsfähige Personen in der Geschäftsführung zusammenarbeiten." Daher habe er ihr im Jänner 2013 vorgeschlagen, brieflich auf eine solche Bewerbung zu verzichten. Ein solches Schriftstück habe er auch erhalten.

Mehrfach betonte Springer, dass Stantejsky länger bei den Bundestheatern tätig gewesen sei als er selbst, sie stets hoch motiviert und engagiert gewesen sei und auch die längste Zeit keinerlei Zweifel an ihrer Kompetenz bestanden hätten: "Hat man etwas von ihr gebraucht, hat man es immer bekommen, auch wenn es manchmal länger gedauert hat." Ab 1. September 2013 sei sie als stellvertretende künstlerische Geschäftsführerin tätig gewesen, habe sich aber von ihrem alten Verantwortungsbereich nicht verabschieden können oder wollen. Zudem sei von ihr erwartet worden, bei der Erstellung des Jahresabschlusses mitzuwirken. Er habe vor ihrer am 18. November 2013 ausgesprochenen Entlassung keine persönliche Wahrnehmung über gröbere gesundheitliche Probleme von Stantejsky gehabt. An diesem Tag und danach sei ihr Zustand jedoch "beängstigend" gewesen.

Der von Stantejsky gegen ihre Entlassung angestrengten Prozess wird in der heutigen vierten Tagsatzung noch mit Einvernahmen des derzeitigen kaufmännischen Geschäftsführers Thomas Königstorfer, Bundestheater-Holding-Prokurist Othmar Stoss und Peter Stransky, dem Leiter der Internen Revision, fortgesetzt. Parallel hat auch Matthias Hartmann am Wiener Arbeits- und Sozialgericht gegen seine Entlassung geklagt. Dieser Prozess findet am 26. November seine Fortsetzung.

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