Stanley Kubricks Fotos: Er wusste, was er wollte
Ein altgedienter Fotograf mit 19“: Unter diesem Titel stellte das US-Magazin Look am 11. Mai 1948 ein Wunderkind namens Stanley Kubrick vor. Der aus der New Yorker Bronx gebürtige Teenager hatte für die Ausgabe des Hefts Wissenschaftler an der Columbia University abgelichtet – „und wie jeder erfahrene Fotograf wusste er genau, was er wollte.“ Bereits 1945 – Kubrick war damals noch an der Highschool – hatte der spätere Kult-Regisseur das Bild eines Zeitungshändlers teuer an Look verkauft.
Das Bank Austria Kunstforum Wien widmet nun „Stanley Kubrick als Fotograf“ eine Ausstellung (ab 8. Mai - bis 13. Juli): Eine Auswahl der Fotos, die Kubrick zwischen 1945 und 1950 im Auftrag von Look schoss, wurde dafür im Gemälde-Format reproduziert. Dass die Bilder dadurch andere Bedeutungen annehmen, liegt auf der Hand: Kubrick selbst, erklärt Kuratorin Lisa Ortner-Kreil, lieferte nur Negative ab und sah seine Fotos meist erst im Magazin wieder. Als Kunstwerke waren sie nie gedacht.
Die Wiener Schau versucht nun, den ursprünglichen Kontext zu rekonstruieren: Neben den Fotostrecken, die Kubrick als Auftragsarbeiten schuf, sind die teils vergilbten Originalausgaben der Magazine ausgestellt, in denen sie zuerst erschienen.
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Kubricks fotografisches Auge
High Society im Bild
Kubrick fotografierte Prominente wie Montgomery Clift oder den späteren US-Präsidenten Eisenhower als Rektor der Columbia University; er porträtierte soignierte Bürger auf Urlaub, Zirkusartisten oder Boxer – eine Fotostrecke zum Boxkämpfer Walter Cartier führte auch zu Kubricks erster Filmarbeit „Day of the Fight“ (1951).
Kubrick, so wird schnell klar, war kein Mann des Spontanen: Seine Bilder sind komponiert, ausgeklügelt – und oft ganz offensichtlich gestellt. „Real ist gut, interessant ist besser“ – so wird Kubrick am Cover des Ausstellungskatalogs (29 €) zitiert.
Wenig Innovation
Ein innovativer Fotograf, so lässt sich angesichts der Schau sagen, war Kubrick dennoch nicht. Die Look-Fotos sind in ihrer Ebenmäßigkeit und Monumentalität oft leblos und starr; von der Melancholie, die etwa der Fotograf Walker Evans in seinen Bildern von New Yorker U-Bahn-Passagieren einfing, fehlt in Kubricks Aufnahmen desselben Themas jede Spur.
Kubricks Fotos erzählen mehr über den Bildgeschmack der 1950er-Jahre als über die kreativen Möglichkeiten der Fotografie. Offenbar brauchte Kubrick die Bewegtheit des Films und den Zündfunken innovativer Stoffe wie „2001“ oder „Uhrwerk Orange“, um zu jenem Meister zu werden, als den man ihn heute kennt.
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