St. Pölten an der Westautobahn: Tangente gegen die Segmentierung
Für Christoph Gurk wird St. Pölten durch den Damm der Westbahn in zwei sehr unterschiedliche Hälften geteilt. Er spricht gar von einer „Demarkationslinie“. Die Westautobahn hingegen tangiert Niederösterreichs Landeshauptstadt nur – im Süden. Was zur Folge hat, dass man auf dem Weg von Wien nach Salzburg keinen Halt macht.
Das soll sich unter der Leitung von Christoph Gurk ändern: Das Land veranstaltet zusammen mit der Stadt von 30. April bis 6. Oktober 2024 ein „Festival für Gegenwartskultur“ – mit dem Titel „Tangente“. Eine Tangente berührt eine Kurve an einem einzigen Punkt; eine Diagonale hingegen (wie die Filmschau, die heute in Graz eröffnet wird) verbindet Eckpunkte eines Vielecks.
Das einmalige Festival ist das Ersatzprojekt für die Kulturhauptstadt, die man doch nicht geworden ist. Denn die Arbeit, die im Zuge der Bewerbung geleistet wurde, sei – laut Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) – „zu gut, um sie in der Schublade verschimmeln zu lassen“. Und so präsentierte sie am Montag zusammen mit Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) die sogenannte Wordbildmarke „Tangente“.
In einem geladenen Wettbewerb mit drei Agenturen konnte das Berliner Studio „Double Standards“ die Jury in allen Kriterien restlos überzeugen. Insgesamt wurde ein Leistungsumfang inklusive Aufbau der Website und Entwicklung der Programmbroschüre in Höhe von 75.000 Euro vereinbart.
Bekannt sind bisher nur Infrastrukturprojekte: die Errichtung eines Kinderkunstlabors, die Neugestaltung des Domplatzes (ohne Parkplätze) sowie die Sanierung der Synagoge. Mikl-Leitner sieht in der Kultur die Chance, den Tourismus anzukurbeln; Zielvorgaben formuliert sie aber keine. Gurk schwebt ein niederschwelliges Kulturfestival mit viel Kunst vor, das der Segmentierung der Gesellschaft entgegenwirken soll. Erste Highlights will er erst im Frühjahr 2023 präsentieren. Die Kulturhauptstadt Bad Ischl stellt Programmschwerpunkte bereits am 27. April vor.
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