Sport ist gesund für die Quoten

1,8 Millionen sahen Ronaldos Leiden gegen Österreich im ORF
Der ORF holte seine Top-Quoten mit Fußball-EM. Die Privaten punkteten vor allem mit Konfrontationen zur Bundespräsidentwahl..

Die Fußball-EM-Spiele Österreichs führen die Tabelle der stärksten Sendungen 2016 des ORF an. Mit 1,8 Millionen Menschen erreichte das Match gegen Portugal den Höchstwert. Bei ATV und Puls4 sind es hingegen die Konfrontationen zur Bundespräsidentenwahl, die Bestwerte brachten – darunter ist auch die legendäre ATV-Sendung ohne Moderation.

Aus der Reihe tanzt ServusTV, das die stärksten Publikumszahlen mit Niavarani und Schenk schaffte und die allseitige Stagnation bei den Quoten bei Älteren durchbrechen konnte.

Doch was bedeuten die Zahlen und speziell die beim für die Werbung so wichtigen Seher-Nachwuchs? Die Gründe für weiter sinkende Marktanteile von ORFeins sieht TV-Experte Markus Andorfer in Imageproblemen, fehlenden Programminnovationen speziell für Jüngere und daraus resultierend gravierenden strukturellen Schwächen. "Wann gab es dort zuletzt neue Sendungen? Ein, zwei Highlights im Jahr sind zu wenig. Man muss als Sender Innovationskraft über alle Genres hinweg ausstrahlen, sonst wird man von der Zielgruppe ausgeblendet."

Alarmzeichen

Dieses Manko schlägt auf die Quoten durch. "Im November hat die ProSieben-Gruppe bei den Jungen erstmals die ORF-Sender-Gruppe überholt. Ein Alarmzeichen", meint Andorfer. Unterstützt hat das auch die anhaltende Diversifikation bei deutschen Senderfamilien durch neue Kanäle wie Kabeleins Doku oder RTLplus. "Es gilt weiter das Motto: Kannibalisiere dich selbst, bevor es andere tun."

Gestärkt wurde der ORF und speziell der Einserkanal durch Sport-Events. "Fallen dem ORF auch noch Sportrechte weg oder muss er aus Budgetgründen darauf verzichten, zeigen sich die strukturellen Probleme noch stärker." Wobei der ORF mit Liga-Fußball oder Champions League mitunter das Nachsehen gegenüber einem ATV-"Bauer sucht Frau" usw. hatte.

Aus den Quoten positiv herauslesen lasse sich "das weiter starke Vertrauen der Seher in die TV-Information. Der ORF konnte sehr von den Wahlkämpfen profitieren, aber auch heimische Private konnten sich in Szene setzen."

Wurmfortsatz

Bei Letzteren scheint für Andorfer das Match entschieden: Puls4 lag in einzelnen Monaten teils deutlich vor ATV. Allerdings:"Die Zahlen der werberelevanten 12- bis 49-Jährigen zeigen klar, dass die wahren ORF-Konkurrenten ProSieben, SAT.1 und RTL sind." ServusTV messe sich eher an den deutschen Öffentlich-Rechtlichen ARD und ZDF, die ebenso auf zwei Prozent Marktanteil kommen. "Das zeigt wie bei den Großen: Österreich wird immer mehr zum Wurmfortsatz des deutschen TV-Marktes. Es ist nicht der ORF, den man natürlich kritisieren kann und muss, der ein marktverzerrendes Problem ist. Es sind deutsche Player, die ohne österreichspezifisches Programm Seher und vor allem Werbemillionen abholen."

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