Spartensender zeigen "reaktionäres Frauenbild"

Spartensender zeigen "reaktionäres Frauenbild"
Am Dienstag startete mit "Sixx" der erste Frauen­sender Österreichs. Das Programm bediene aber Klischees, sagt Medienforscher Ramón Reichert.

Sparten-TV ist Trend. Nun gibt es auch bei uns einen Frauen­sender ("Sixx"). Der bedient Klischees, sagt Medienforscher Ramón Reichert, Kultur-und Medienwissenschaftler an der Uni Wien, über Frauensender und den Medientrend "Frauenbewegungsbashing"

Kurier: Gibt es Untersuchungen darüber, ob Frauen einen "Frauenkanal" wollen?
Ramón Reichert: Wenn man so etwas startet, macht man eine Markterhebung. Sender erschließen immer öfter spezifische Zielgruppen, nach Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung. Die Zielgruppe adressiert man mit Werbung.

Verkauft man zwischen zwei Staffeln Desperate Housewives tatsächlich mehr rosa Bic-Rasierer?
Das lässt sich so nicht zurückverfolgen. Es geht um Längerfristiges, darum, die Marke zu positionieren. Aber man sollte zum Frauenbild dieses Spartensenders eine kritische Perspektive haben: Da werden Frauen klassisch als Konsumentinnen adressiert. Die Frau wird, wie man es aus Illustrierten kennt, auf Körperpflege reduziert.

Zum Start dieses Senders gab es Werbegeschenke mit Nagellack und Lippenstift. Nur der Kochlöffel fehlte.
Hier wird ein reaktionäres Frauenklischee bedient. Da wird klar kommuniziert, um welche Art von Frauenimage es geht.

"Im Fernsehen ist keine Vielfalt von Rollenbildern möglich."

Gibt es in Medien generell einen Trend zu klischeehaften Frauen-/Männer-Bildern? Ständig lesen wir, dass Männer nur an Sex denken und Frauen nicht einparken können. Beobachten Sie als Medienwissenschaftler diesen Diskurs?
Ja, auf jeden Fall. Das gibt es seit den 90ern. Man muss das in größeren gesellschaftspolitischen Zusammenhängen sehen. Dort, wo Frauen immer wichtiger geworden sind, sich Zugang zu Bildung und Karriere verschafft haben, wurden sie in der Populärkultur angefeindet und als gefährliche Subjekte dämonisiert, die die männliche Arbeitswelt gefährden – "Basic Instinct"-mäßig. Oder sie werden zurückbeordert auf ihre klassische reaktionäre Position. Als Konsumentin, Hausfrau, Mutter. Zwischen diesen Kräftefeldern verortet sich das.

Warum machen da auch so viele weibliche Journalisten mit?
Weil es Mainstream ist und weil sie dem ungefährlichen Mainstream angehören wollen. Mit der Mehrheit mitschwimmen und sich so Vorteile verschaffen. Schreiben, was die Masse denkt.

Es gilt als unsexy, als Journalistin eine feministische Position einzunehmen?
Dieser reaktionäre Schub zu sagen, Feminismus ist out und die Frauenbewegung hat sich überlebt, weil sie eh schon alles erreicht hat, ist ja nicht nur das, was Männer an Frauen herantragen, sondern auch etwas, das Frauen spaltet. Wir haben es unverkennbar mit einem Frauenbewegungsbashing zu tun.

Zurück zum Fernsehen: Sehen Sie eine Trendwende zu neuen Rollenbildern?
Die Frage ist, wo wird die Trendwende stattfinden? Wo ist die Vielfalt von neuen Rollenbildern möglich? Sicher nicht im Fernsehen. Höchstens in alternativen Kanälen, aber vor allem im Internet. Dort gibt es Möglichkeiten, mit Rollenbildern zu experimentieren und Stereotypen zu hinterfragen. Das Fernsehen ist immer Mainstream, es überliefert nur klassische Rollenbilder.

Zielgruppen-TV: Models und glamouröse Nudeln

Dienstag startete in Österreich der Sender Sixx. Der Fokus liege auf "frauenaffinen" Spielfilmen und Serien, die "Frauenherzen höher schlagen lassen", erläuterte eine Pressemeldung. Der Sender, der Frauen per Huhn und mit der Anrede "Mädels" anspricht, ist eine Variante des deutschen Frauensenders Sixx.

Von Koch- bis Modelcastingshow reicht das Programm des Frauensenders Glitz, der seit Mai in Deutschland zu sehen ist. Schönheit, Kunst und Gärtnern – das sei der Dreiklang der modernen Frau, hieß es bei der Antrittspressekonferenz. Im Fokus des Bezahlsenders aus dem Hause Turner Broadcasting: Frauen zwischen 20 und 49.

Zu sehen sind Eigenproduktionen wie das Format "Simply Dana" von Dana Schweiger, Modeunternehmerin und Noch-Ehefrau von Til Schweiger: Dana beim Fitnesstraining, auf der Fashion Week oder auf dem roten Teppich. Stylistin Rachel Zoe (sie gilt als Mutter des Magerwahns) erzählt in "The Rachel Zoe Project" von ihrer Arbeit mit Hollywood-Stars und die Kochbuchautorin Donna Hay richtet "Glamorous pasta with an attitude" an: glamouröse Nudeln mit Charakter.

Kaufkräftig

Andere Spartensender sind in Deutschland seit Jahren mehr oder weniger erfolgreich: 2008 startete der Sender Timmmit dem Anspruch, Vollprogramm für schwule Männer zu liefern. 2010 wurde ein Antrag auf Insolvenz gestellt. Seitdem wurde die Website unregelmäßig gepflegt und verkündete die Absicht einer Neuausrichtung.

Laut Focus arbeitet der TV-Konzern ProSiebenSat.1 an einem Seniorensender – eine kaufkräftige Zielgruppe. Die Idee hatte der ehemalige ARD-Moderator Max Schautzer schon 2008. Sein Sender für die Generation 50 plus sollte Bono TV heißen, was dem gleichnamigen U2-Sänger nicht gefiel.

Gut funktionieren Kindersender wie der 1997 von ARD/ZDF gegründete KIKA.

Kommentare