„Möblierter Raum“
Nicht zuletzt deshalb gab es Gerüchte, dass das am Freitag erscheinende Album „Torso“ das letzte von Soap&Skin sein könnte. Für dieses hat die 34-jährige Anja Plaschg ausschließlich Coverversionen von Songs wie „Pale Blue Eyes“ (Velvet Underground) oder „The End“ (The Doors) aufgenommen, bezeichnet aber auch diese Veröffentlichung als „Auslieferung“.
„Ein Album ist ja ein Statement, man gibt etwas von sich preis. Das sind zwar nicht meine eigenen Lieder, aber ich habe die Entscheidungen getroffen, und meine Interpretationen gehen ja teilweise sehr stark vom Original weg. Es ist grundsätzlich schon eine entspanntere Ausgangsposition, dass ich quasi einen fertig möblierten Raum betrete, mir da das Interieur und jeden Aspekt anschaue und nicht in einem leeren Raum stehe und denke, was mache ich jetzt?“
„Noch mehr Gaganess“
Jedem dieser Songs hat sie eine Intensität gegeben, die vorher nicht da war. Bei „Mystery of Love“ von Lana Del Rey macht sie das mit ihrem Gesang, elegischem Klavier, Streichern und Bläsern, bei „What’s Up“ von den 4 Non Blondes mit elektronischen Verfremdungen. Dem schon im Original verrückten „Girl Loves Me“ von David Bowie wollte sie „noch mehr Gaganess in Kombination mit noch größerer Dunkelheit“ geben, und „Born To Lose“ von Shirley Bassey hat bei ihr eine Brisanz, die die Gänsehaut kribbeln lässt.
Generell reizt es Plaschg bei ihren Interpretationen, „Dinge zu vergrößern, die nur klein vorhanden waren, oder etwas auszuhöhlen, was total dicht ist“. Letzteres machte sie mit „God Yu Tekem Laef Blong Mi“ aus dem Filmsoundtrack von Hans Zimmer zu „The Thin Red Line“, einem Lied in jenem Pidgin-English, das in Papua Neuguinea gesprochen wird. „Es ist ein Volkslied aus der Inselgruppe und ein Gebet. Als ich das zum ersten Mal gehört habe, hat es meinen Magen hochgehoben, mir wurde fast schlecht und ich wollte gleichzeitig weinen. Ich habe eine Schwäche für Gebete.“
Zwar ist Plaschg schon lange aus der Kirche ausgetreten und findet, dass das Indoktrinieren mit den christlichen Konzepten von Schuld und Angst in ihrer Kindheit für ihre mentale Gesundheit nicht förderlich war. Aber: „Ich ziehe noch immer sehr viel daraus. Ich bin fasziniert von dem Phänomen Religion an sich, natürlich aber auch von den christlichen Ritualen und der christlichen Musik. Das alles wohnt in mir, auch wenn ich es nicht will.“
Das war auch der Grund dafür, dass sie in dem Film „Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala die Hauptrolle der Agnes übernahm (im Rennen für den Oscar in der Kategorie „Bester internationaler Film“). Überhaupt hat sich Plaschg immer mehr auf Engagements verlegt, wo sie Musik, Schauspiel und Performance verbinden kann. Das ist weniger mit Angst verbunden.
„Etwas Heilsames“
„Ich habe durch den Film die Schönheit des kollektiven Zusammenarbeitens für mich entdeckt, was ich so lange nicht konnte und nicht wollte. Beim Musikmachen wollte ich immer alleine produzieren und komponieren. In ein Team eingebunden zu sein und einer Sache zu dienen, von der man überzeugt ist, hat für mich etwas Heilsames. Ich habe nicht die volle Verantwortung für die Inszenierung und für das Stück, das ist viel einfacher.“
Plaschg hat viele Anfragen für ähnliche Hybrid-Projekte, aber nichts Konkretes geplant. An eigenen Songs schreibt die alleinerziehende Mutter nicht: „Zurzeit kriege ich gerade so meinem Alltag hin, weil der so dicht ist und das auch schon lange. Ich bin sehr erschöpft und habe mit vielen Dingen zu kämpfen. Gleichzeitig kenne ich diese Durststrecken schon von mir. Ich bin keine Person, die das Musikschaffen und das Kreativsein in den Alltag integriert bekommen hat. In einer Depression lässt sich nichts schaffen.“
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