Slipknot: Gut inszenierte Ruhestörung

Slipknot: Gut inszenierte Ruhestörung
Slipknot sorgten in der Wiener Stadthalle routiniert für Begeisterung.

Die berührendsten Momente hatte dieses Konzert, bevor es anfing, und nachdem es aus war.

Slipknot verbeugten sich nämlich tief vor dem unlängst verstorbenen David Bowie, indem sie zu den Klängen von "Ashes To Ashes" Richtung Bühne gingen. Da wurde dem Zuhörer wieder bewusst, wie stark die Wirkung Bowies wirklich war – so tief konnte sich kein Pop- oder Rockkünstler in seiner Nische vergraben, dass ihn Bowies Einfluss nicht erreicht hätte. Und natürlich sind Bowies Spuren im kunstvoll dissonanten Masken- und Lärm-Theater Slipknots zu finden.

Der zweite berührende Moment kam, als der letzte Ton bzw. Schlag auf die Blechtonne verklungen war. Sänger Corey Taylor sagte zum Abschied: "Take care of yourselves, take care of each other!" Passt auf euch auf und passt auf einander auf – worum sonst geht es im Leben? Zumal man derzeit in einem Rockkonzert gar nicht anders kann, als an Paris zu denken, daran, wie zerbrechlich das Leben ist.

Zwischen Bowie und "take care" lag ein ausgesprochen unzerbrechliches, erstklassig gespieltes, streckenweise mitreißendes, aber auch sehr routiniert dargebotenes Metal-Konzert. Sorgte die neunköpfige Gruppe aus den Glasscherben-Gegenden von Iowa früher auf der Bühne für pure Raserei, bei der nur drei Grundgeschwindigkeiten – Gas! Vollgas! Blechschaden! – erlaubt waren, wirkt die Anarchie heute inszeniert und durchchoreografiert. Nichts ist da zufällig, keine Drehung der Schlagzeug-Podeste, kein Hieb mit dem Baseballschläger auf Mistkübel oder andere Ruhestörungsinstrumente, kein Tanzschritt des verhaltensoriginellen Band-DJs Sid Wilson, kein "geschlechtsverkehrend großartig!" aus dem Mund von Sänger und Animateur Corey Taylor.

Geboten werden alte ("Wait And Bleed"), mittelalte ("Duality") und neue ("The Devil In I") Hits, zu "Spit It Out" gibt es das obligatorische Bodenturnen, im Hintergrund laufen künstlerisch wertvolle Filme über Tod, Verwesung, Sternenhimmel und etwas, das wie eine Darmspiegelung aussieht.

Und genauso ist Slipknots Musik in ihren stärksten Momenten auch gut 20 Jahre nach Bandgründung immer noch: Wie eine Darmspiegelung. Nicht unbedingt angenehm, aber unbedingt notwendig. Ein gutes Konzert, wirklich.

Kommentare