Shakespeare als „Rocky Horror Show“

Shakespeare als „Rocky Horror Show“
Kritik: Ein genderfluides „Was ihr wollt“ in den Wiener Kammerspielen

Shakespeares – wie man heute sagen würde: genderfluide – Verwechslungskomödie „Was ihr wollt“ erzählt von der demokratischen Macht der Liebe: Sie befällt jeden, ohne Rücksicht auf Stand oder Geschlecht, und jeder, der liebt, macht sich zum Narren.

Für die Handlung bräuchte man ein Organigramm: Person A liebt Person B, die verliebt sich in Person C, welche wiederum Person  A liebt. Verschärfend kommt hinzu, dass Person C eine als Mann verkleidete Frau ist, was für zusätzliche erotische Verwirrung sorgt.

Zu Shakespeares Zeit durften Frauen nicht auf die Bühne, Frauenrollen wurden von Männern gespielt. Wir erleben hier also einen Mann, der eine Frau spielt, die sich als Mann verkleidet. Shakespeare kostet die daraus resultierenden Frivolitäten mit Genuss aus.

Dass in den Wiener Kammerspielen (bis auf die famose Maria Bill als Narr) nur Männer auf der Bühne stehen, ist also kein moderner Regieeinfall, sondern folgt Shakespeares Realität.

Torsten Fischers Inszenierung (und Neuübersetzung) nutzt die sich bietende Gelegenheit, eine herrliche Drag-Komödie auf die leere, weiße Bühne zu stellen. So viel wurde bei einer Shakespeare-Aufführung schon lange nicht mehr gelacht.

Was ein bisschen schade ist: Die Seelennöte des vom Leben ermatteten Herzogs (Claudius von Stolzmann) und der trauernden Olivia (Martin Niedermair) gehen ein wenig im allgemeinen „Rocky-Horror-Show“-Spaß unter. Gespielt wird ausgezeichnet. Malvolio (Dominic Oley) ist hier etwa nicht nur lächerlich, sondern auch gefährlich – ein moderner Politiker, der sich genau merkt, wer über ihn gelacht hat. Julian Valerio Rehrl findet sogar zarte Momente als Viola/Sebastian.

Viel Jubel!

Kommentare