Sergi Lopez: "Alle lachen, wenn ich zornig bin"
Er ist ein Mensch, den man sofort mag: Er springt auf, drückt einem – huch! – ein Küsschen auf die Wange, hält die Hand bei der Begrüßung lange fest, kümmert sich gleich um einen Drink. Sergi Lopez ist ohne Zweifel ein begabter Auf-die-Leute-Zugeher und Gute-Laune-Macher. Quasi die Antithese zu dem Knacki Fernand, der in Frédéric Fonteynes Komödie „Tango Libre“ (Kinostart: 15. August) vom Gefängnis aus zusehen muss, wie seine Frau und der linkische Gefängniswärter JC sich beim Tangotanzen näher kommen. Ein amüsantes Gespräch in Paris.
KURIER: Señor Lopez, fällt es Ihnen nicht schwer, so grimmige Typen wie den Häftling Fernand zu spielen?
Sergi Lopez: Nicht wirklich. Ich habe meine Laufbahn ja am Theater begonnen, und da habe ich gelernt, dass Tragik und Komik sehr oft ineinander greifen. Am komischsten habe ich immer gewirkt, wenn ich richtig aggressiv war. Das ist noch heute so: Alle lachen, wenn ich zornig bin.
Sie haben stets ein Lachen in den Augen, das könnte der Grund sein.
Ich weiß nicht, ja, das haben mir schon viele Leute gesagt. Als ich meine ersten Kinofilme drehte, wurde ich immer nur als der nette, sympathische Typ besetzt. Als ich dann das erste Mal einen Fiesling spielte, sagten alle zu mir: Das geht nicht, du bist zu nett. Aber ich hatte Glück: Ich durfte dann doch auch Schurken spielen.
Wie sind Sie zum Film gekommen? Sie stammen ja aus keiner Künstlerfamilie.
Nein, meine Familie hatte mit Kunst gar nichts am Hut. Mein Vater war Fabriksarbeiter, meine Mutter Hausfrau. Ich kann mich nicht einmal erinnern, dass sie mit mir und meinem Bruder ins
Kino gingen. Als ich ihnen eröffnete, dass ich Theater spielen will, waren sie total verblüfft und dagegen. Also habe ich zu studieren begonnen, wie sie es wollten. Als ich dann aber nach drei Jahren immer noch keine Prüfung geschafft hatte, resignierte mein Vater. Er ließ mich ans Theater. Er war froh, dass ich irgendwas machte.
Und dann sind Sie nach Frankreich gegangen?
Zuerst habe ich mit einer Amateurtruppe bei uns in Barcelona gespielt. Dann dachte ich, ein bisschen müsste ich schon raus und bin für zwei Jahre nach Frankreich. Aber ich habe es dort nicht ausgehalten: Ich liebe meine katalanische Provinz. Ich habe in meinem Heimatort Vilanova i la Geltrú um die Ecke von Barcelona alles, was ich liebe: meine Kinder, meine Lebensgefährtin, meine Eltern. Und meine absolute Lieblingsstadt in der Nähe.
Sie sind sicher auch Fan des FC Barcelona, oder?
Na klar. Ich habe zwei fixe Saisonplätze im Camp Nou, dem Stadion des FC Barcelona. Und Messi wohnt auch in der Nähe von mir außerhalb der Stadt.
Für Ihre Rolle des Harry in Dominik Molls „Harry meint es gut mir dir“ haben Sie als erster Ausländer den wichtigsten französischen Filmpreis César gewonnen. War das ein besonderer Moment Ihrer Karriere?
Ach was. Ich war mir damals der großen Ehre gar nicht bewusst. Ich dachte: Ein César, na gut. Ich habe erst viel später realisiert, was ich da geschafft habe. Aber dass ich dem französischen Kino verhaftet bin, ist ja klar nach den mehr als 40 Filmen, die ich dort gedreht habe.
Haben Sie einen Lieblingsregisseur? Frédéric Fonteyne, mit dem Sie schon bei „Eine pornografische Beziehung“ gearbeitet haben? Oder Guillermo del Toro, den Sie von „Pans Labyrinth“ kennen?
Nein. Es gibt so viele, die ich gerne mag. Ich wähle meine Rollen streng nach der Qualität des Scripts aus. Selbst wenn ich einen Regisseur toll finde, arbeite ich nicht mit ihm, wenn ich finde, die Geschichte passt nicht zu mir. Da bin ich nüchtern.
Was macht Sie, der Krise in Ihrer Heimat Spanien zum Trotz, zu so einem Optimisten?
Die Tatsache, dass ich den Dingen ihren Lauf lasse. Ich sage mir immer: Wenn ich keine Rollenangebote mehr kriege, ist das auch kein Drama. Nichts kann für immer dauern. Das gibt mir große innere Freiheit.
Zur Person:
Sergi Lopez Y Ayars wurde am 22.12.1965 in der katalonischen Stadt Vilanova i la Gektrú geboren. Seine Karriere als Filmschauspieler begann er 1992 mit der Titelrolle in Manuel Poiriers Film „Antonios Freundin“. Es folgte Poiriers in Cannes akklamierter „Western“. Im Jahr 2001 erhielt der Katalane, der perfekt Französisch spricht, den César und den Europäischen Filmpreis für „Harry meint es gut mit dir“. Lopez’ gewagtester Film war „Eine pornografische Beziehung“ mit Nathalie Baye 1999. Lopez arbeitet auch viel mit spanischen Regisseuren.
Das Angebot an diesjährigen Sommerkinos:
Kommentare