Die das System untergruben

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Die österreichischen Künstlerinnen Elfi Semotan und Kiki Kogelnik laden in die Kunsthalle Krems.

Erst auf den zweiten Blick eröffnen sich die Parallelen zwischen Elfi Semotan, die als Fotografin Weltruhm erlangte, und der Pop-Art-Künstlerin Kiki Kogelnik.

Beide stammten aus der österreichischen Provinz und lebten und arbeiteten später in Paris und New York. Beiden gelang es, weibliche Stereotypen und Schönheitsideale der Medienwelt ironisch-kritisch zu beleuchten (Kogelnik hielt es mit Meret Oppenheim, deren Überzeugung lautete: Kunst hat keine Geschlechtsmerkmale). Und beide pendelten mit großer Leichtigkeit zwischen den Genres – ohne Berührungsängste zwischen Hochkultur und Unterhaltungsindustrie.

Kogelnik (1935–1997) begegnete dem Thema mit Humor und zeigte dem Kommerz seine hässliche Fratze im eigenen Spiegelbild, in dem sie mit ihren Cut-Outs, aus Vinyl geschnittenen Puppen, die sie aus den Umrissen ihrer Freunde fertigte, Geschäfte besetzte.

Kogelnik war ein Freigeist. Aus Kärnten stammend, ging sie 1958 nach Paris und übersiedelte später nach New York, wo sie im Umfeld von Lichtenstein, Oldenburg und Warhol ihre eigenständige Variation der Pop-Art entwickelte. Die Kunsthalle Krems zeigt ihren Weg von der österreichischen Nachkriegsavantgarde an: Über Futurismus und Punk zur postmodernen Ironie.

Impressionen der Kogelnik-Ausstellung

„Glauben Sie, wir sind ein Kunstkatalog?“ Nicht immer stießen Elfi Semotans künstlerische Werbekampagnen auf Begeisterung ihrer Auftraggeber. 1990 nahm sie eine Modestrecke in Ungarn auf. Die weiten Ebenen der Puszta, wo nichts als der Horizont zu sehen war, inspirierten die Fotografin zu einem Dutzend querformatigen Bildern, die weit mehr als Kleidung und Model zeigten: Streunende Hunde, alte Frauen aus dem Dorf und dürre Bäumchen waren Teil der Inszenierung. Sie wurden vom Artdirektor des Magazins weggeschnitten – mit oben zitiertem Verweis. Auch die Freude eines Wiener Pelzmoden-Händlers war zunächst enden wollend, als er Semotans Kampagne sah: Die Models trugen Masken zum Pelz, Schauplatz war ein schäbiger amerikanischer Vorort. Große Kunst, die nicht gleich verstanden wurde. Gut in Erinnerung sind Semotans Aufnahmen für Helmut Lang, ihre Palmers-Serien und die stilprägende Römerquelle-Kampagne. Letztere sind nicht Teil der Personale in Krems, weil sie hinreichend bekannt sind. Zu sehen gibt es dafür selten Gezeigtes wie Stillleben, die unter Semotans subtiler Lichtregie wie Gemälde wirken.

Geboren 1941 in Wels, ging Semotan in den 1960er-Jahren nach Paris, arbeitete zunächst als Fotomodell, wechselte später hinter die Kamera. Sie war mit den Künstlern Kurt Kocherscheidt und Martin Kippenberger verheiratet, die beide früh starben. Ihr jahrzehntelanges Eingebundensein in die Kunstszene spiegelt sich auch in den Porträts berühmter Weggefährten wider: Walter Pichler, Franz West, Louise Bourgeois, Maria Lassnig.

Ein Verweis auf Semotans souveränes Mäandern zwischen den Genres ist die Serie „Präraffaeliten“ (2002), die vom Stil der gleichnamigen Künstler des 19. Jahrhunderts inspiriert ist. Die Zitate historischer Gemälde bilden eine Brücke zur Gegenwart. Sie habe gerne das System untergraben, „da ich mich nie damit zufrieden gab, nur die vordergründige Schönheit zu zeigen“, wird Semotan im Katalog zitiert.

Impressionen der Semotan-Ausstellung

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