Chanel, Dior, Balenciaga. Derzeit kann man gleich zwei Serien über die Kultpersonen der hohen Schneiderkunst streamen: „New Look“ und „Cristóbal Balenciaga“.
Es gibt an sich keinen Mangel an Filmen über Coco Chanel. Das wäre auch Verschwendung, bei so einem schillernden, einflussreichen Leben. Wohl deshalb ist die Modeschöpferin, die sozusagen für „den“ französischen Stil steht, im Fokus einer neuen Serie auf Apple TV. Zusammen mit Christian Dior, dem anderen Modeschöpfer, der sozusagen für „den“ französischen Stil steht.
„New Look“ heißt die Reihe, die einsetzt, als Frankreich unter deutscher Besatzung ist. Coco Chanel hat sich ins Hotel Ritz zurückgezogen. Sie macht keine Mode, sie „will keine Nazis einkleiden“. Christian Dior wiederum arbeitet im Modehaus Lelong und muss dort sehr wohl für die Frauen hoher Offiziere Abendkleider schneidern. Dior kann sich keine Allüren leisten, er darf nicht auffallen, denn seine Schwester Catherine ist in der Résistance. Sie macht gefährliche Botendienste und wird bei einem solchen schließlich auch verhaftet.
Coco und die Nazis
Aber auch Coco Chanel (herrlich nonchalant: Juliette Binoche) wird ihre Haltung schnell ablegen: Wenig zögerlich ist sie bereit, ihre jüdischen Unternehmensmitgründer in die Pfanne zu hauen – und bedenkt nicht, dass ein Gefallen eines hohen Nazi-Beamten immer ein Quidproquo mit sich bringt. Sie soll als Gegenleistung ihre vermuteten guten Kontakte zu Winston Churchill spielen lassen.
Erst vor wenigen Wochen ist auf Disney+ eine Serie gestartet, die ebenfalls mit dem prominentesten Personal der Haute Couture aufwartet. In „Cristóbal Balenciaga“ steht naturgemäß der titelgebende Modeschöpfer im Mittelpunkt, aber natürlich spielen auch seine Gegenspieler Chanel und Dior eine Rolle. Die spanische Serie setzt ein bei Coco Chanels von Berühmtheiten wie Salvador Dalí abwärts gespicktem Begräbnis 1971. Auch Cristóbal Balenciaga ist da – und eine junge Frau in einer roten Jacke. Der vermeintliche Fauxpas bringt ihr die erwünschte Aufmerksamkeit des verschlossenen Designers. Sie ist Journalistin und bringt den legendär ungesprächigen Mann dazu, ihr ein Interview zu geben.
Ernsthafter Pionier
Das ist der Rahmen, in dem Balenciagas Vita erzählt wird. Seine Erinnerungen beginnen bei seiner ersten Modeschau in Paris 1937 – er hatte das Franco-Spanien verlassen. Die Serie lotet den Widerspruch aus, dass er zwar erst Erfolg hatte, als er sich von der Chanel-beeinflussten Ästhetik verabschiedet und eigene Wege geht. Der innovative Blick kostet ihn später aber auch Kundinnen, die dann eben doch lieber eine Dior-Taille haben wollen.
„New Look“ ist eine kulinarische, hollywoodschmalzige Geschichtsannäherung mithilfe der manchmal gar nicht so glanzvollen Haute Couture, „Cristóbal Balenciaga“ ist eine ernsthafte Beschreibung eines ernsthaften Modeschöpfers. Kurioserweise treffen sich Dior und Balenciaga in den jeweiligen Serien in unterschiedlichen Jahren zum ersten Mal. Man ist geneigt, der spanischen Produktion (1947) eher zu glauben. Dort erfährt man auch, dass das Parfum „Miss Dior“ nach der mutigen Schwester des Designers benannt ist – deren Geschichte die andere Serie erzählt.
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