Schmidt: Auch ohne Quote ein Renner

Der Berufszyniker feiert sein Comeback als Late-Night-Talker auf SAT.1: Dienstag und Mittwoch, jeweils ab 23.15 Uhr.

Das Lustige ist ja, dass Harald Schmidt nie ein Quotenrenner war. Er war nicht unbedingt der Showmaster, den man sieht - aber immer der, über den man redet.
Einem größeren Fernsehpublikum wurde Schmidt zwischen 1992 und 1995 in der ARD -Show "Verstehen Sie Spaß" bekannt. Das Stammpublikum dieser zuvor von Paola und Kurt Felix harmonieselig präsentierten Sendung muss Schmidts gallige Tiraden als Schlag ins Gesicht empfunden haben. Wo es vorher harmlose Späßchen gab, ließ Schmidt minutenlang Spielzeug-Weihnachtsmänner über die Bühnenkante stürzen, als sarkastischer Kommentar zu Weihnachten.

Schmidt machte aus "Verstehen Sie Spaß?" gewissermaßen "Verstehen Sie Zynismus?". Es gab scharfe Comedy - und auch die Elemente mit versteckter Kamera wurden subversiv. Einmal verkleidete sich Schmidt als Barsängerin, um - begleitet von einem mit Bart unkenntlich gemachten Udo Jürgens am Klavier - in einem Nobelhotel stundenlang grauenhaft falsch "Love Me Tender" zu singen. Der Beitrag zeigte dann die Reaktionen der Hotelgäste, die stufenlos von amüsiert über irritiert bis zu gewaltsamem Aufstand wechselten. Um es kurz zu machen: Schmidt war großartig, das Publikum floh in Scharen, Schmidt wurde abgesetzt.

Realsatire

Schmidt war immer für Realsatire gut. Der gelernte Schauspieler kehrte 2002 als Lucky in "Warten auf Godot" auf die Theaterbühne zurück (der heutige Burgdirektor Matthias Hartmann inszenierte in Bochum) - und wurde von der Branchenbibel Theater heute als "Bester Nachwuchsschauspieler" ausgezeichnet. Da war er eh erst 46.
Für Aufregung sorgte auch ein Auftritt Schmidts in der Peter-Alexander-Show.

Ausgerechnet der Berufszyniker sang in DER Konsensshow "... hat sich mein Vater g'holt aus Brünn, a echte Wienerin". Was kaum jemand wusste: Schmidt sang die Wahrheit. Sein Vater war ein Sudetendeutscher, seine Mutter stammte aus Brünn. Seine beste Zeit hatte Schmidt von 1995 bis 2003 auf SAT.1 mit der "Harald Schmidt Show".

Seine Quoten waren auch dort nicht berauschend. Aber sein oft bösartiger, hoch intelligenter Humor machte Schlagzeilen. Vor allem im Vergleich zu Thomas Gottschalk, der zuvor auf RTL die schnarchfade "Gottschalk Late Night" moderiert hatte, war Schmidt der Gewinner. Nach längeren Irrfahrten durch Sender und Formate kehrt Schmidt nun zu SAT.1 zurück. Vorerst nur an den wenig glamourösen Sendetagen Dienstag und Mittwoch, um 23.15 Uhr.

"Unsicher, ob man Jauch zum Bundespräsidenten wählen sollte"

Mediendebatten in Deutschland drehen sich derzeit um die Frage, ob im deutschen Fernsehen zu viel getalkt wird. Publikum gibt es jedenfalls dafür. 5,10 Millionen Menschen (83.000 in Österreich) sahen den Einstand von Günther Jauch als Sonntagabend-Talker der ARD . Ein Marktanteil von 18,6 Prozent ab 21.45 Uhr. Thema war der 10. Jahrestag der Anschläge vom 11. September. Anne Will, Jauchs Vorgängerin auf dem Sendeplatz, hatte im ersten Halbjahr durchschnittlich 4,1 Millionen Zuschauer (14,2 Prozent). Seit 31. August talkt Will am späten Mittwochabend, weil die ARD für Jauch den Sonntagabend freigeschaufelt hatte.

Das Echo bei den Medienkritikern war verhalten. Tenor: "Das war noch nicht der große Wurf". Es gebe deutliche Parallelen zwischen der Talksendung "Günther Jauch" und Jauchs früherem RTL -Magazin "Stern TV". "Ein Nine-Eleven-Talk von der Stange. Ein bisschen 'Stern TV', ein bisschen ,Anne Will' und ein Jauch mit angezogener Handbremse", urteilte meedia.de . Die Süddeutsche.de konstatierte "unfreiwillige Loriot-Komik". " ,Stern TV' jetzt auch in der ARD (...) Jetzt bin ich doch unsicher, ob man Jauch zum Bundespräsidenten wählen sollte", twitterte Medienwissenschaftlerin Miriam Meckel, Lebensgefährtin der Jauch-Vorgängerin Will.

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