Salzburger Festspielpräsidentin: "So etwas darf nicht passieren"

Auf der Presseterrasse mit Blick auf den Dom: Kristina Hammer.
Der Festakt zur Eröffnung der Salzburger Festspiele am 26. Juli in der Felsenreitschule war von einer Störaktion überschattet: Vom dritten Rang der in den Stein gehauenen Arkaden aus entrollten Palästina-Aktivisten „Free Gaza Now“-Transparente. Ihnen war eine elektronisch gesicherte Außentüre von innen geöffnet worden. Auf einem der Presse präsentierten Ausweis stand der Name Giulia Sciarrino – in Anspielung auf den italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino – und der Schriftzug „Salzburger Festspeiben“.

Aktivistenjagd im falschen Rang: Festspieleröffnung am 26. Juli in der Felsenreitschule.
Von Urkundenfälschung kann man wohl nicht sprechen, eher von Persiflage. Doch der Festspielbetrieb war im Mark erschüttert: Nicht auszudenken, wenn die Aktivisten Terroristen gewesen wären … Über den Vorfall spricht Kristina Hammer, die Präsidentin des Festivals, daher nicht so gerne. Zumal es viel Positives zu berichten gibt.
KURIER: Verzeihen Sie, ich muss mit dem „Festspeiben“ beginnen ...
Kristina Hammer: Und ich hatte gehofft, Sie beginnen mit der Schönheit der Eröffnungsfeier, die dann leider gestört wurde. So sehr unsere Festspiele für Diskurs und Reflexion auf den Bühnen stehen, finde ich es schade, dass der Aktivismus die gesamte Aufmerksamkeit vom sehr bewusst geplanten Festakt abzieht.
Sie haben unseren Termin am 28. Juli kurzfristig abgesagt, weil es eine dringende Sitzung ob der Ereignisse gab. Was kam heraus?
Lukas Crepaz, das zuständige Direktionsmitglied, hat mit Landespolizeidirektor Bernhard Rausch ein Pressegespräch zum Stand der Ermittlungen geführt. Darüber hinaus gehende Informationen wird das Direktorium derzeit nicht geben, denn die Ermittlungen laufen noch. Sobald Ergebnisse vorliegen, werden wir umfassend informieren.
Hatten auch Sie – wie viele – den Schreckensgedanken: Was wäre gewesen, wenn Terroristen …?
Selbstverständlich. Der Sicherheitsdienst hat zwar schnell gehandelt, aber niemand hat sich in diesen Momenten wohlgefühlt. So etwas darf nicht passieren. Aber meine Themen als Präsidentin sind andere.
Und zwar?
Wir werden immer wieder gefragt: „Warum macht Ihr ein so anspruchsvolles Programm?“ Festspiele müssen sich, wenn sie relevant sein wollen, intensiv mit gesellschaftspolitischen und politischen Fragen beschäftigen. Wenn die Zeiten herausfordernd sind, dann muss das auch thematisiert werden. Und unser Publikum sieht es ähnlich: Es nimmt das Programm mit Werken wie „Maria Stuarda“, „Giulio Cesare in Egitto“ und „Die letzten Tage der Menschheit“ begeistert an.
Es ist auffällig, dass es für fast alle Produktionen noch am Tag der Vorstellung Karten gibt. Wir stellten fest, dass bei „Hotel Metamorphosis“ und „Drei Schwestern“ Plätze leer blieben. Dennoch läuft es gut?
Ich freue mich, dass unser Kartensystem, sobald Tickets zurückgegeben werden, diese auf Kommissionsbasis sofort wieder aufzeigt. Daher sind einzelne Plätze verfügbar. Und auch Menschen, die nach Salzburg kommen, ohne Karten gebucht zu haben, haben so die Chance, eine Festspielproduktion zu sehen. Es wäre doch schade, wenn sie immer nur die Antwort bekämen, dass es keine Karten mehr gibt. Und leider kommt es immer wieder vor, dass es manche nicht rechtzeitig zum Vorstellungsbeginn nach Salzburg schaffen. Diese Plätze bleiben dann eben leer. Wir sind mit den Kartenverkäufen insgesamt sehr zufrieden, über eine mangelnde Auslastung können wir uns nicht beschweren. Wir bewegen uns ungefähr auf dem Niveau des Vorjahres.
Wenn man sich durch die Website klickt, stellt man fest, dass es für die Opern verfügbare Karten in der Regel nur in den teuren Kategorien gibt – um 305, 385 und 475 Euro.
Stimmt nicht. Es gibt Karten in den unterschiedlichen Preiskategorien!
Gut, dann habe ich mich getäuscht. Mein Verdacht war, dass sich die Menschen nicht mehr so ohne weiteres Karten um 475 Euro leisten können oder wollen.
Egal, welche finanziellen Möglichkeiten jemand hat: Jeder überlegt sich in diesen Zeiten sehr genau, wofür er Geld ausgibt. Das Schöne für uns ist: Die Leute haben Vertrauen in die Exzellenz unserer Produktionen – und kaufen daher weiterhin im großen Ausmaß Karten. Aber wir bemerken natürlich, dass sie kurzfristiger buchen. Da geht es uns wie allen anderen Veranstaltern. Es war daher richtig, unser Preisgefüge beizubehalten: Die Hälfte der Tickets kostet zwischen fünf und 115 Euro. Und wir haben die Kartenpreise nur in den mittleren und oberen Kategorien zu einem ganz geringen Maße angehoben. Denn es gibt budgetäre Limits – in jeder Preiskategorie. Der Kartenverkauf der letzten Jahre zeigt, dass wir ein gutes Fingerspitzengefühl besitzen. Uns ist wichtig, dass wir ein breites Publikum ansprechen. Daher gibt es auch 6.000 Jugendkarten mit bis zu 90 Prozent Rabatt. Und es gibt die Patenschaften: Jeweils ein junger Mensch und ein langjähriger Festspielbesucher erhalten eine Werkeinführung, schauen sich gemeinsam eine Produktion an und reden über sie.
Generationenverbindend ist ja der „Jedermann“ – und tatsächlich restlos ausverkauft. Warum bieten Sie von dieser Cashcow nicht Zusatzvorstellungen an?
Die Festspiele laufen eben nur bis 31. August. Und 15 Vorstellungen können vom Ensemble mit Freude bewältigt werden. Mehr sind in diesem Zeitraum nicht sinnvoll.
In meiner Familie wurde debattiert, ob Jedermanns Louboutin-Schuhe echt sind – oder ein Fake.
Die meisten der wunderbaren Kostüme sind bei uns in Handarbeit entstanden, darunter auch gewisse Schuhe mit roter Sohle. Sie sind eine eigene Kreation – und keine Kopie.
Da die Modeinteressierten an Louboutin denken: Haben Sie ihn gefragt, ob er nicht Sponsor sein will?
(Lacht.) Einen Schuh-Sponsor gibt es noch nicht. Danke für die Anregung! Aber ich freue mich sehr darüber, die Würth-Gruppe als sechsten Hauptsponsor gewonnen zu haben. Damit ist unsere wirtschaftliche Basis einstweilen gesichert.
Andreas Babler, der neue Kulturminister, muss sparen. Er hat die Subvention der Bregenzer Festspiele um ein Drittel gekürzt. Was erwartet die Salzburger Festspiele?
Selbstverständlich sind wir uns der angespannten Budgetsituation bewusst. Im Hinblick auf die Sparmaßnahmen, die möglicherweise anstehen würden, haben wir von uns aus auf eine Valorisierung der Subvention verzichtet. Das ist keine unerhebliche Summe.
Da die Personalkosten der größte Brocken sind: Bedeutet das eine Nulllohnrunde für die Mitarbeiter?
Es stimmt, sie machen ungefähr 70 Prozent unseres Budgets aus. Die Verhandlungen über die Gehaltsabschlüsse stehen erst an.
Ende 2026 läuft Ihr Vertrag aus. Ihr Job dürfte wohl noch heuer ausgeschrieben werden. Werden Sie sich wieder bewerben?
Genießen wir erst einmal die Festspiele! Und fragen Sie mich das, wenn es so weit ist. Ich kann Ihnen derzeit nur die Frage beantworten, ob es mir in Salzburg gefällt.
Gefällt es Ihnen in Salzburg?
Ich lebe wahnsinnig gerne hier und liebe die Festspiele.
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