Tobias Moretti will ab 2021 nicht mehr Jedermann sein
Eigentlich sollte der heutige Terrassen-Talk der Salzburger Festspiele im Zeichen der neuen Buhlschaft Caroline Peters stehen. Doch Tobias Moretti ließ mit seiner Ankündigung aufhorchen, ab 2021 nicht mehr als Jedermann zur Verfügung zu stehen. "Ich werde im nächsten Jahr nicht mehr Jedermann sein", sagte Moretti.
Moretti verkörpert seit der Saison 2017 die Hauptrolle in Hugo von Hofmannsthals Spiel vom Sterben des reichen Mannes, in der Neuinszenierung von Michael Sturminger. Die vierte Saison dürfte, sollte Moretti nicht umzustimmen sein, also die vorerst letzte des Tirolers sein.
Von 2002 bis 2005 war Moretti im "Jedermann" bereits in der Doppelrolle als Guter Gesell und Teufel zu sehen. 2018 musste Moretti aufgrund einer Lungenentzündung einige Aufführungen abgeben. Philipp Hochmair glänzte fünf Mal als vielbeachteter Einspringer.
Jahrhundert-Buhlschaft
Ab 1. August wird Caroline Peters erstmals in der wohl berühmtesten Nebenrolle der Theaterwelt zu sehen sein, als "Jahrhundert-Buhlschaft" im 100. Festspiel-Jahr. Sie wird ihre Rolle "hintergründig und tiefgründig" interpretieren, mehr verriet sie nicht.
Kostüm wird eine "Entblätterung"
Peters freut sich, nach der wegen der Coronapandemie monatelangen Pause endlich wieder spielen zu dürfen. Die Proben für den "Jedermann" im 100. Jubiläumsjahr des Festivals sind Anfang der Woche im Schüttkasten angelaufen, für kommenden Dienstag ist die erste Probe auf dem Domplatz geplant. Erste Konturen haben sich schon herauskristallisiert. "Man überlegt, stellt sich etwas vor, und in der Realität ist es dann zu 100 Prozent wieder anders", bilanzierte Peters nach den ersten Proben im Gespräch mit Journalisten am Freitag auf der Festspielpresseterrasse. Die Rückkehr in den Theaterbetrieb nach der Corona-Pause schildert Peters so: "Ich hatte beim Proben Angst, dass man wie beim Fahrradfahren nach einer längeren Pause runterfällt oder falsch aufsteigt, gar nichts mehr kann oder keinen Sinn mehr darin sieht. Das ist überhaupt nicht so."
Sie sei hier in Salzburg sehr freundlich aufgenommen worden und sehe sich als "Teil einer Gang von lauter starken Schauspielerpersönlichkeiten". Welches Kostüm sie tragen wird, darüber hüllte sich die Schauspielerin noch in Schweigen. "Es wird eine Entblätterung", schmunzelte Schauspielchefin Bettina Hering.
Corona hat keinen Einfluss
Die Coronapandemie mit all den aus Sicherheitsgründen eingeführten Maßnahmen nehme in der Rollengestaltung keinen Einfluss auf sie, erzählte Peters. Regisseur Michael Sturminger meinte, die Kraft des Stückes sei das Erbauende, es solle das Publikum vergessen lassen, wie schwer diese Zeit gerade ist. Peters meinte, vielleicht würden Sätze in dem Stück von Hugo von Hofmannsthal wegen Corona einen anderen Widerhall finden und der Tod weniger sinnbildlich, sondern realer vorkommen. In den vergangenen Monaten seien die Menschen mit der Frage konfrontiert gewesen, "ob der Tod vor der Tür steht oder nicht".
Auch das "Drumherum" beim Theater sei anders geworden. "Wie wir sitzen, ist eine andere Welt", verwies Peters auf die Abstandsregelung bei der Sitzordnung. Tobias Moretti freute sich, mit Peters "so eine hervorragende Schauspielerin" an seiner Seite zu haben. Was den "Jedermann" und die anderen Festspielproduktionen in diesem Sommer betrifft, so gehe es "um die Essenz des Machbaren", sagte Moretti. Die Produktionen hätten heuer einen besonderen Charakter.
"Wir sind die rote Gruppe"
"Das hat auch einen inhaltlichen Kontext für mich." Er sehe es als eine Wechselwirkung aus Bürde und Lust und Herausforderung. Und er fühle sich "gebettet in einer Gang und in einem Konglomerat von großartigen Schauspielern und Regisseuren". "Vor zwei, drei Tagen wurde uns wie einer Schulklasse gesagt, was wir alles nicht dürfen. Das war so eine komische Distanz wie vor einer Prüfungskommission". Beim heutigen Fotoshooting, als er mit der neuen Buhlschaft posierte und dabei auf die Abstandsregel aufmerksam gemacht wurde, antwortete er: "Wir dürfen ja. Wir sind die rote Gruppe". Damit gemeint sind jene Künstler und Mitarbeiter der Salzburger Festspiele, die den Mindestabstand und die Maskenpflicht bei ihrer Arbeit nicht einhalten können.
Neu im "Jedermann-Team" sind heuer Pauline Knof als Schuldknechts Weib und Gustav Peter Wöhler als Dicker Vetter. Knof sagte, sie habe sich "wahnsinnig gefreut", als Schauspielchefin Hering sie gefragt habe, ob sie die Rolle übernehmen wolle. "Ich habe auch noch nie Freiluft gespielt." Wöhler hat "sofort zugesagt, ohne zu überlegen". Der Schauspieler und Musiker freute sich auch, dass er im Chor singen darf. Er wirkte bereits 1999 beim "Jedermann" mit, als Geselle an der Seite von Ulrich Tukur. "Damals hat es in Salzburg "zu viel geregnet". Für die diesjährige Rolle hat er dennoch "sofort zugesagt, ohne zu überlegen".
Verwandlungskünstlerin Peters
Caroline Peters ist in Film, Fernsehen und Theater gleichermaßen präsent und beliebt. In der Krimiserie "Mord mit Aussicht" (2008 bis 2014) wurde sie als Kriminaloberkommissarin Sophie Haas einem breiten TV-Publikum bekannt, auf der Filmleinwand ist sie immer wieder zu sehen, am Theater war sie u.a. mehrfach "Schauspielerin des Jahres", und seit 2018 ist sie auch Nestroy-Preisträgerin. "Es gibt scheinbar nichts, was diese große Schauspielerin nicht kann", befand die Jury. "Caroline Peters verkörpert nicht nur einzelne Rollen, sondern lebt sie mit einer oft beängstigenden, zu Herzen gehenden Intensität. Sie ist eine Verwandlungskünstlerin im allerbesten Sinne.
Peters, die seit 2004 festes Ensemblemitglied des Burgtheaters ist und zuletzt in Elfriede Jelineks "Schwarzwasser" als Gorilla im pinken Fellkostüm auftrat, wagt in der prominentesten Minirolle, die die Festspiele zu vergeben haben, ein Abenteuer. Die Frage, ob sie ihr viel gerühmtes komödiantisches Talent auch beim "Jedermann" einbringen werde können, "habe ich mir auch schon gestellt", bekannte sie bei ihrer Präsentation. Denn: "Wille zu Expressivität und Übertreibung kann ja am Domplatz nicht schaden."
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