Pianist Jewgenij Kissin: Schweren Schritts und verblüffend flott

Wurde nach seinem Konzert im Haus für Mozart bejubelt: Jewgenij Kissin
Von: Susanne Zobl
Wie spannend, einen Virtuosen wie Jewgenij Kissin zu verfolgen, wenn er sich mit einem Komponisten auseinandersetzt.
Anfang Februar hörte die Rezensentin sein Programm mit Werken von Beethoven, Chopin, Brahms und Prokofjew im Wiener Musikverein. Das nämliche wiederholte er im ausverkauften Haus für Mozart in Salzburg. Dazwischen spielte er es mehrfach. Das Erstaunliche: seine Erkundungen von Ludwig van Beethoven. Wenn Kissin mit dessen zweisätziger Sonate Nr. 27 in e-Moll, op. 90, anhebt, wirkt sein Spiel etwas befreiter als in Wien.
Hier ist ein Musiker, der seine Sicht auf dieses Werk präsentiert. Radikal, kompromisslos verleiht er jedem Akkord, jedem Ton Bedeutung, nimmt vor allem die Anweisung des Komponisten „mit Ausdruck“ wörtlich. Im zweiten Satz setzt er auf eine verblüffend flotte Vortragsweise. Das „dolce“ interpretiert er mit zupackender Zartheit und lässt immer wieder an Schubert denken.
Bei Frédéric Chopin ändert er seine musikalische Sprache. Da ist klar, hier ist er zu Hause. Beim Nocturne in fis-Moll, op. 48/2, betont er mit Bedacht jede Note. Aufwühlend dann die Fantasie f-Moll, op. 49, wo er die Düsternis dieser Komposition hervorhebt, die er wie mit schweren Schritten durchschreitet. Mit einer Art weltabgewandten Intensität bringt er die Töne immer wieder zum Sprudeln, und setzt dann wieder auf eine seltsame Brüchigkeit.
Bei den „vier Balladen“, op. 10, von Johannes Brahms, denen eine Schauergeschichte zugrunde liegt, hebt Kissin das Gespenstische und mit Vehemenz die Dramatik hervor. Bei Sergej Prokofjews zweiter Klaviersonate in d-Moll, op. 14, demonstriert er mit atemberaubendem Furor seine Virtuosität und versetzt das Publikum in Euphorie. Das bejubelte seine drei Zugaben, Chopin, Prokofjew und einen Walzer von Brahms, der zum Schwelgen einlädt.
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