In Salzburg verschmolzen Töne und Worte in eins
von Helmut Christian Mayer
„Prima la musica, dopo le parole!“ – oder vielleicht doch umgekehrt? Von diesem ewigen, akademischen Wettstreit über die Rangordnung der Künste – Text oder Musik, was ist wichtiger – handelt „Capriccio“ von Richard Strauss (uraufgeführt 1942 in München). Ein Problem, das so alt ist wie die Gattung Oper selbst.
In seiner letzten Oper, dessen Libretto von Clemens Krauss und dem Komponisten selbst stammt, werden sie symbolisiert durch den ernsthaften Dichter Olivier und dem leidenschaftlichen Komponisten Flamand, die beide verliebt um die Gunst der kunstbegeisterten Gräfin Madeleine buhlen.
Die Handlung spielt in adligen Kreisen zu absolutistischer Zeit in Paris. Als Flamand das Sonett von Olivier vertont, ist die Umworbene gerührt. Sobald sie später für sich allein das Gedicht rekapituliert, indem sie die Melodie Flamands dazu singt, kommen ihr Text und Musik wie eine unzertrennliche Einheit vor. Es zeigt sich: Nur gemeinsam können Wort und Ton – Olivier und Flamand – die Gräfin erobern.
Ohneeinander können die beiden Herren ihrer Muse nicht nahekommen, miteinander aber ihr Herz gewinnen. Es gibt einen symbolträchtigen Liebeskonflikt: Wer verdient den Vorzug – Flamand oder Olivier? Die Gräfin lässt offen, für wen sie sich entscheidet. Am Schluss bleibt alles in der Schwebe.
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