Salzburger "Faust I+II" dauert 9 Stunden

Salzburger "Faust I+II" dauert 9 Stunden
Nicolas Stemanns Inszenierung wird Schauspieler und Publikum bei den Salzburger Festspielen gleichermaßen fordern. Ein erster Probenbesuch.

Die Inszenierung von Goethes Tragödien "Faust I" und "Faust II" bei den Salzburger Festspiele hat eine reine Spielzeit von sieben Stunden. Die insgesamt acht Vorstellungen im Salinengebäude auf der Halleiner Pernerinsel beginnen um 17.00 und dauern inklusive Pausen neun Stunden lang, also bis 2.00 Uhr. Die Festspiele luden am Mittwochnachmittag zu einem Probenbesuch mit Pressekonferenz. Dabei erläuterte Regisseur Nicolas Stemann sein Bühnen-Konzept für diesen Theatermarathon.

Stemann folgt dem Text von Goethe relativ genau. Besonders im zweiten Teil wird durchaus auch gekürzt, im Ablauf der Tragödie aber nichts übersprungen. Allerdings werden die zentralen Rollen nicht einzelnen Schauspielern zugewiesen. Stattdessen sprechen die drei Hauptdarsteller Philipp Hochmair (überwiegend: Mephisto), Sebastian Rudolf (meist: Faust) und Patrycia Ziolkowska (alle Frauenrollen, aber auch Faust) immer wieder auch Texte der anderen Figuren. "Die Grenzen der Figuren sind durchlässig", erläuterte Stemann, "und der Text spielt die Hauptrolle. Allerdings im Sinne eines Monologes. Diese Prinzip durchzieht die gesamte Regie."

"Faust und Mephisto nicht zu trennen"

Salzburger "Faust I+II" dauert 9 Stunden

"Ich glaube, dass Faust und Mephisto nicht zu trennen sind. So wie zwei Seelen in einer Brust. Das Teuflische ist wie eine plötzlich auftauchende, zweite Option, eine Entscheidung, im Leben des Faust, der sich plötzlich erlaubt, ein Arschloch zu sein und sich nicht mehr um Moral und das Wohlergehen der Anderen kümmert." Diese monologische Prinzip sei alles andere als trocken, erklärte der Regisseur weiter. "Es gibt eine Reihe spektakulärer Theaterelemente, immerhin haben wir drei Live-Musiker ständig auf der Bühne, dazu eine Sängerin und mehrere Puppenspieler, viele dramaturgisch ins Stück eingebaute Videos von Claudia Lehmann, einen Tänzer. Und das alles in einer Art Rauminstallation von Bühnenbildner Thomas Dreißigacker."

"Am Theater interessiert mich, Grenzen zu sprengen", sagte der Regisseur des mit dem Hamburger Thalia Theater koproduzierten Faust-Marathons. "Es sind vor allem scheinbar unlösbare Texte, die sich nicht so einfach erschließen, die uns alle herausfordern, auch überfordern, und unsere Köpfe zum Rauchen bringen. Deswegen habe ich mich nicht nur intensiv mit den deutschen Klassikern, sondern auch immer wieder mit Elfriede Jelinek beschäftigt."

Die drei Haupt-Schauspieler arbeiten seit vielen Monaten, zum Teil seit einem Jahr an diesen enormen Textmengen. Patrycia Ziolkowska sagte, Erschöpfungs-Zustände könnten völlig andere Türen öffnen und Zugang zu bisher nicht Erlebtem verschaffen. "Wie in einem rauschartigen Psychotrip, aber nicht im chaotischen, sondern in einem ganz klaren Sinn. Allerdings kennen wir den großen Bogen in diesem Stück noch nicht, morgen, (Donnerstag, Anm.) werden wird die beiden Stücke erstmals im Stück durchspielen."

INFO:"Faust I" und "Faust II" von Johann Wolfgang von Goethe. Koproduktion der Salzburger Festspiele mit dem Thalia Theater Hamburg. Premiere auf der Halleiner Pernerinsel: 28. Juli. Spieldauer inklusive Pausen: Neun Stunden.

Inszenierung: Nicolas Stemann, Bühne: Thomas Dreißigacker, Video; Claudia Lehmann, Kostüme: Marysol del Castillo, Musik: Thomas Kürstner und Sebsatian Vogel und Burkhard Niggemeier. Sängerin: Friederike Harmsen, Puppen: Das Helmi, Choreographie: Franz Rogowski, Dramaturgie: Benjamin von Blomberg. Die Spieler auf der Bühne: Philipp Hochmair, Sebastian Rudolf und Patrycia Ziolkowska. In "Faust II" kommen Barbara Nüsse, Birte Schnoink und Josef Ostendorf dazu.

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