Salzburg: Die Berliner sagen leise Servus

Salzburg: Die Berliner sagen leise Servus
Nach 45 Jahren spielt das Spitzenorchester Deutschlands heuer zum letzten Mal bei den Osterfestspielen. Die Zukunft der Berliner Philharmoniker heißt Baden-Baden.

Das Ende einer Geschichte ist der Anfang einer neuen: "Wir freuen uns auf die Osterfestspiele 2013 in Baden-Baden". Der Titel im aktuellen Heft von 128, dem Magazin und Sprachrohr der Berliner Philharmoniker, eröffnet eine 13-Seiten-Strecke: Noch enthusiastischer stellt den Neustart in die deutsche Kleinstadt nur deren Lokalpresse dar. Salzburg, wo die Berliner seit 1967 dessen und ihren Ruhm mehrten, wird nur dreimal kurz erwähnt, wertfrei.

128
blickt mit vielen Zitaten der Musiker und Mega-Erwartungen nach vorne – bevor noch ihre letzten Salzburger Ostern überhaupt begonnen haben.
Im Gespräch mit dem KURIER relativieren die Musiker den Eindruck von Erleichterung – ein bisschen. Orchestervorstand Andreas Wittmann ortet ein "wehmütiges Gefühl beim Abschied". Doch der Oboist rechtfertigt entschieden den Umzug: "Von unserer Seite aus ging es nicht anders. Es war auch keine spontane Entscheidung. Jeder Beteiligte hat das Beste gewollt, Orchester, Politik, insbesondere Peter Alward (Leiter der Osterfestspiele, Anm.), dem wir dankbar sind."

Finanzen und Konzept

Trotz "extrem hoher Kartenpreise" habe Salzburg "chronische Finanzprobleme gehabt. Es ist erstaunlich, dass das Festival überhaupt so lange überlebt hat. Schon Karajan musste regelmäßig eigenes Geld zuschießen." Zwei mal sei das Orchester mit den Honoraren heruntergegangen, so dass Berlin Salzburg sogar quersubventioniert habe, resumiert der Sprecher der 128 Musiker.  In Baden-Baden seien die Karten, obwohl nicht öffentlich subventioniert, deutlich günstiger. Dazu  werde es "sehr viel Kammermusik geben, wo man dem Publikum noch näher ist".

Die Rolle von Chefdirigent Sir Simon Rattle, dessen Ehefrau, die Mezzosopranistin Magdalena Kožena, natürlich auch in Baden-Baden dabei sein wird, hält Wittman klein: "Der Umzug war primär eine Entscheidung des Orchesters, aber natürlich hat auch er die finanziellen und strukturellen Probleme gesehen." Noch  aber gelte "die Konzentration  ganz Salzburg".

Landleben

Das bestätigt Medienvorstand Stanley Dodds. Anfangs sagt der zweite Geiger – in der Pause der "Carmen"-Probe  am Salzach-Ufer  sitzend –, er selbst habe "noch kein Gefühl von Schluss. Das Festival steht noch vor uns, Baden-Baden ist zur Zeit nicht im Kopf". Er werde die Berge und die Salzburger Nachbarschaft vermissen, obwohl das "gut betuchte, edle Baden-Baden  auch sehr schön" sei. In Salzburg fühle man sich aber "dem Landleben viel näher". Am Ende ist dem Australier aber doch ein "bisschen bang, weil man nie vorhersehen kann, wann die traurigen Gefühle einen überkommen".
Die Musiker gehen also doch nicht so unsensibel mit dem Ende ihrer langen Salzburger Geschichte um wie ihr Magazin. Denn auch dessen zweite Lob-Headline zu Baden-Baden tut so, als hätte es die nie gegeben: "Das Juwel zum Funkeln bringen."

Festspiele: Am Samstag geht es los

Programm
Mit Georges Bizets "Carmen" starten am Samstag (31. 3.) die Osterfestspiele Salzburg. Regie führt Aletta Collins; Simon Rattle dirigiert die Berliner Philharmoniker. In der Titelpartie ist Magdalena Kožena zu hören, Jonas Kaufmann singt den Don José. Reprise: 9. April.

Konzerte
Am 1. April eröffnet Zubin Mehta am Pult der Berliner den Reigen der Konzerte. Zwei weitere Konzerte der Berliner leitet Rattle. Dazu gibt es Kammerkonzerte.

Geld
Im Zusammenhang mit dem Finanzskandal sind noch mehrere Prozesse im Laufen.

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