"Sad Songs To Cry To“: Traurig schön, schön traurig
Mira Lu Kovacs und Clemens Wenger reduzieren auf dem Album "Sad Songs To Cry To“ Pop-Klassiker und Jazz-Standards aufs Wesentliche. Berührend und wunderschön.
„Wir wollten uns einfach öfter sehen“, sagt Clemens Wenger und lächelt zu Mira Lu Kovacs rüber, die zustimmend zurücklächelt. „Wir sind seit Jahren gut befreundet und musizieren auch gerne zusammen. Aber es ist bei all unseren Projekten eben schwer, Lücken im Kalender zu finden. Nun ist es aber gelungen: Die Zeit rund um Weihnachten gehört uns. Es ist schön, auf diese Weise das Jahr ausklingen zu lassen“, sagt die Singer-Songwriterin.
Die beiden Musiker, die die heimische Pop-Landschaft seit Jahren solo oder mit diversen Bands (5K HD, My Ugly Clementine bzw. 5/8erl in Ehr’n, JazzWerkstatt Wien) bereichern, nennen ihr erstes gemeinsamen Album „Sad Songs To Cry To“. Der Name ist Programm, das Datum der Veröffentlichung nicht zufällig gewählt. Denn kaum werden die Tage kürzer, gibt es die ersten Lebkuchherzen im Supermarkt, stellt sich bei beiden eine melancholische Grundstimmung ein, legen sich Nebelschwaden übers Gemüt.
Leise Leere
Für diese graue Zeit braucht es viel Vitamin D und die richtige Musik. Songs, die zum Innehalten anregen, aber gleichzeitig Wärme und Hoffnung versprühen. Das alles findet sich auf „Sad Songs To Cry To“, auf dem Mira Lu Kovacs und Clemens Wenger eine persönliche Auswahl von zehn Liedern präsentieren: Es sind Neuinterpretationen von Popsongs und Jazz-Standards, sowie zwei eigene Stücke, die thematisch das Spektrum unterschiedlicher Stimmungslagen auffächern.
Es sei eine sehr entspannende Arbeit gewesen, alles habe sich natürlich gefügt: „Die Songs sind von selbst zu uns gekommen“, sagt Wenger. Darunter sind Klassiker wie Kate Bushs „This Woman’s Work“ oder „Bridge Over Troubled Water“ von Simon & Garfunkel. Letzteres wollte Wenger unbedingt covern, im Gegensatz zu Mira Lu Kovacs, die anfänglich etwas skeptisch war, „weil ich mir nicht ganz sicher war, wie wir dem Song das Bombastische nehmen können, ohne ihn zu zerstören.“ Es ist ihnen aber gelungen, sehr gut sogar.
Durch das minimalistische Set-up (Klavier und Stimme) bekommt dieser Evergreen einen völlig anderen Charakter. Auf der einen Seite steht der klare, helle Gesang von Mira Lu Kovacs, auf der anderen Wengers reduzierter, düsterer Klaviersound. Es herrscht Wohnzimmeratmosphäre, die Aufnahmen klingen direkt und wurden nicht künstlich aufpoliert. Die Arrangements sind einfach, aber effektiv und werden von wenigen Instrumenten getragen. Zum Klavier gesellen sich leise Synthesizertöne, liefert das Casio-Keyboard vorprogrammierte Rhythmen. Wunderschön fällt die Gänsehaut-Version von „Kalt und Kälter“ aus. Dem Austropop-Klassiker von STS wurde der Bombast, das Steirische genommen. Anstatt der in der Originalversion vorkommenden, mit drei Gitarren, Keyboards und Schlagzeug gereichten 80er-Jahre-Opulenz herrscht in der Version von Kovacs und Wenger eine angenehme Leere. Die karge Soundlandschaft passt hervorragend zu den im Text verhandelten Zweifeln und Ängsten: „Ich werde kalt und immer kälter.“ Nein, das ist nichts zum Mitklatschen, sondern etwas zum Nachdenken. Am besten lacht, tanzt, singt und weint man (nicht alleine) bei einem Häferl Jagertee. Bitte nicht mit dem Rum sparen!
Live am 20. Dezember in Salzburg (Arge); 21. Dezember in Innsbruck (Treibhaus); 22. Dezember in Graz (Orpheum); 28. Dezember in Wien (Porgy & Bess).
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