Es war bis zuletzt eine Zitterpartie, ob die gefeierte südafrikanische Choreografin Dada Masilo und ihr Ensemble The Dance Factory aufgrund der diversen Reisebeschränkungen überhaupt nach Österreich kommen würden. Doch Intendant Karl Regensburger hat es geschafft, und so ist bei ImPulsTanz ((heute, Donnerstag, Zusatzvorstellung um 21 Uhr, weiters am 30. und 31. Juli) Masilos Arbeit „The Sacrifice“ zu erleben. Und eines lässt sich nach der Wiener Uraufführung sagen: Karten sichern!
Denn nach ihrer sensationellen, heutigen Adaption von Tschaikowskys „Schwanensee“ (2014) und der nicht minder genialen Umsetzung von Adams „Giselle“ (2017) legt Masilo mit „The Sacrifice“ im Volkstheater erneut einen Meilenstein des zeitgenössischen Tanzes vor.
Doch kann ein „Frühlingsopfer“ – Igor Strawinskys einstiges Skandalwerk „Le sacre du printemps“ um eine sich im heidnischen Russland zu Tode tanzende Jungfrau stand Pate – ein Fest des Lebens und der Sinnlichkeit sein?
Ja, bei Dada Masilo und ihren furiosen elf Tänzerinnen und Tänzern geht das, auch wenn Masilo aufgrund einer Knöchelverletzung gar nicht selbst auftreten konnte. Ein paar kahle Äste werden auf die ansonsten leere Bühne projiziert, die ein perfektes Gegengewicht zu Masilos wuchtiger, mitreißender, in jeder Phase hoch energetischer Choreografie bilden.
Botswana
Denn Masilo nimmt Strawinsky nur als Folie, übersetzt ihn in afrikanische Tänze und Rituale. Genauer gesagt in den Tswana-Tanz aus Botswana, der sich an den Bewegungen kleiner Tiere orientiert und unglaublich kraftvoll und ausdrucksstark wirkt. Und Masilo setzt auf eine famose Livemusik. Am Bühnenrand sind Tlale Makhene, Leroy Mapholo und Nathi Shongwe mir Geige, Keyboard, diversen Schlaginstrumenten (Maultrommel inklusive) im etwa 70-minütigen Dauereinsatz und machen sehr viel Dampf. Dazu kommt die überragende, an Gospel-Gesängen geschulte Stimme von Ann Masina, die antreibt oder auch innehält, die reflektiert und im wahrsten Sinne des Wortes Tempo und Takt vorgibt.
Sogwirkung
Stilistisch treffen bei Masilo klassisches Ballett (es gibt Pirouetten, auch Hebefiguren), Elemente von Street Dance sowie afrikanischer Ausdruckstanz aufeinander und fusionieren zu einem betörenden Kaleidoskop ekstatischster, stakkatoartiger Bilder, die eine unglaubliche Sogwirkung entfalten.
Atemlos, aber geschmeidig durch das „Frühlingsopfer“ – auf diesen Nenner lässt sich „The Sacrifice“ bringen. Stehende Ovationen.
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