Russische Schätze, perfekt reimportiert

Cecilia Bartoli begeisterte mit „St. Petersburg“ im Konzerthaus
Cecilia Bartoli präsentierte ihr "St. Petersburg" erstmals in Wien – ein Triumphzug.

Cecilia Bartoli ist ein Phänomen. Alles, was die gebürtige Römerin anfasst, wird binnen kürzester Zeit zu purem Gold. Kein Wunder also, dass Bartolis Vertrag als künstlerische Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele erst dieser Tage bis 2021 verlängert wurde. Denn Bartoli hat diese – seit ihrer Ernennung 2012 – zu einem jährlichen Kultur-Ereignis gemacht.

Und die Mezzosopranistin schafft es auch, weitgehend unbekannte Komponisten so zu präsentieren, dass Menschen in aller Welt plötzlich mit Namen wie Hermann Raupach, Nicola Porpora, Francesco Araia oder Vincenzo Manfredini etwas anfangen können. Die "populäreren" Komponisten wie Johann Adolf Hasse und Georg Friedrich Händel sind bei Bartolis Entdeckungsfreude fast so etwas wie Zugaben.

Drei Zarinnen

So auch im Wiener Konzerthaus, wo Cecilia Bartoli ihr neues Album "St. Petersburg" im Rahmen der Reihe "Great Voices" auch live präsentierte. Dafür ging die Künstlerin ins 18. Jahrhundert (und die Archive des Mariinsky-Theaters) zurück. Denn die Zarinnen Anna Iwanowna, Elisabeth Petrowna und Katharina die Große brachten einst Komponisten aus ganz Europa an ihren Hof – und Bartoli "reimportiert" diese Musik.

Und wie! Gemeinsam mit dem fabelhaften Ensemble I Barocchisti unter der Leitung des exzellenten Diego Fasolis eröffnet die Sängerin neue vokale Welten. Auch wenn nicht jedes Stück von gleicher Güte ist, verstehen es Bartoli, Fasolis und die vitalen Damen und Herren des Orchesters bei jeder Nummer zu brillieren. Arien aus Opern wie "Adelaide" (Porpora), "La forza dell’ amore e dell’odio" (Araia) oder "Altsesta" und Siroe, re di Persia" (beides Raupach) werden zu stimmlichen wie orchestralen Bravourstücken.

Dass Bartolis schöner, gut geführter, gutturaler Mezzo auch einem Manfredini (aus der Oper "Carlo Magno") und einem Händel (eine Arie aus "Amadigi di Gaula") bestens gewachsen ist, versteht sich. Und dass Hasse auch eine Oper namens "La clemenza di Tito" geschrieben hat, wird dank Bartoli sogar Mozart-Liebhaber sehr erfreuen.

Großartig, wie Bartoli (erst im weißen, dann im hellblauen Kleid) ihre "Duette" mit dem Oboisten Pier Luigi Fabretti und dem Flötisten Jean-Marc Goujon auskostet. Zugaben sind da eine Selbstverständlichkeit, und der Jubel des Publikums auch.

KURIER-Wertung:

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