Die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste wurde neu geordnet - und mit einer schlauen Intervention angereichert
31.03.23, 21:08
In anderen Städten würde die Sammlung – mit Hauptwerken von Hieronymus Bosch, Botticelli, Rubens und Van Dyck – ausreichen, um Touristen und Einheimische in großer Zahl anzulocken. In Wien dagegen fristet die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste ein Schattendasein – die Rückübersiedlung aus dem Theatermuseum in den ersten Stock der Akademie am Schillerplatz hat die Sichtbarkeit auch nicht gerade erhöht.
Dabei ist die Galerie nicht nur wegen ihrer tollen Altmeisterbestände, ihrer Ruhe und ihrer überschaubaren Dimension ein großartiger Ort: Es gelingt hier auch immer wieder, das historische Erbe, mit starken Beständen niederländischer, flämischer und italienischer Meister, zeitgemäß zu kontextualisieren.
In der aktuellen Saison (bis 20. 8.) hat man dazu den niederländischen Künstler Willem de Rooj ins Haus geladen, der dem Altmeister-Repertoire immer wieder überraschende Perspektiven abgewinnt. Die Serie „King Vulture“ – sie war schon beim steirischen herbst 2022 in der Neuen Galerie Graz zu sehen – spielt nun auf den arbeitsteiligen Prozess an, der im „Goldenen Zeitalter“ der Niederlande große Künstlerwerkstätten mit zahlreichen Beschäftigten hervorbrachte.
De Rooj nahm nun seinerseits Altmeistergemälde von Jan Weenix (1642–1719) als Ausgangsmaterial.
Fotografien der Bilder, die allesamt einen südamerikanischen Königsgeier zeigen, wurden – mitsamt den für solche Reproduktionen typischen Farbskalen zur Abstimmung am Bildrand – nach Dafen in die chinesische Provinz Guangdong geschickt, wo sie ein Team spezialisierter Künstler minutiös nachmalte.
Die Gegenüberstellung lädt zum Vergleich von Arbeitsteilung und „Outsourcing“ einst und jetzt ein – ebenso wie über die Reproduktion von Statussymbolen, die auch heutige Superkünstler wie Damien Hirst oder Jeff Koons produzieren. Der Geier als Exot aus den Kolonien fungierte in den historischen Bildern oft als Symbol des Kampfgeists und wurde nach dem Copy-Paste-Prinzip in verschiedenen Herrschaftsbildern immer wieder verwendet – zufälligerweise findet man ihn auch in der Schausammlung des Belvedere (siehe oben).
In der Gemäldegalerie der Akademie dient de Roojs Intervention als Kristallisationskern, um Werke der Sammlung in einer neuen, in kleinen Ensembles ansprechend getakteten Zusammenschau zu präsentieren.
Ausgehend von den Jagdstillleben, an die der Zeitgenosse anschließt, geht es weiter zu Werken von Rubens, Luca Giordano oder dem für seine Alltagsszenen bekannten Joos de Momper. Kuratorin Claudia Koch löste die Bilder dabei häufig aus ihren Zuordnungen zu geografischen Schulen und stilistischen Zuordnungen. Das erleichtert es, Realismus und Inszenierung sowie Gemeinsamkeiten der Künstler bei ihrem Blick auf die Welt zu erkennen. In jedem Fall gibt es Entdeckungen zu machen – ob man nun die Galerie schon ins Herz geschlossen hat oder nicht.
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