RTL will sich mit US-Riesen messen können
Anke Schäferkordt ist seit Jahren eine der herausragenden Persönlichkeiten des europäischen Mediengeschäfts. Am Mittwoch eröffnete sie die Medientage in Wien.
KURIER: Das Fernsehgeschäft wird immer schneller, komplexer, internationaler. Wie geht die Mediengruppe RTL damit um?
Anke Schäferkordt: Wir müssen uns als klassisches europäisches Medium unserer Wettbewerbsvorteile bewusst sein. Wir kennen den Markt und die aktuellen gesellschaftlichen Trends. Darauf zahlen wir mit einem sehr hohen Anteil an Eigenproduktionen ein. Ein Sender wie RTL hat heute einen Eigenproduktionsanteil von etwa 90 Prozent. Der zweite Aspekt ist, dass wir tatsächlich auf allen Plattformen vertreten sein müssen, auf denen Zuschauer unsere Angebote nutzen möchten.
Hat RTL die kritische Größe, um in dem Wind, der mit Milliarden von den US-Börsen erzeugt wird, zu bestehen?
Wir werden sicherlich nicht morgen ein ernst zu nehmender Wettbewerber für Netflix oder Amazon sein. Aber in den Märkten, in denen wir tätig sind, ist unser Aufwand für Produktionen noch immer wesentlich höher als der der US-Konkurrenz. Ein Großteil der Nutzung im linearen Fernsehen wie auch non-linear bezieht sich in unseren Märkten auf originär europäische Inhalte.
Ein großes Thema im Zusammenhang mit den US-Medien-Multis ist die Verantwortung der europäischen Politik und der Regulierung.
Ich bin ein Freund des Wettbewerbs. Der muss aber so sein, dass uns beim Wettlauf nicht die Beine zusammengebunden werden. Ich möchte ein Spielfeld haben, auf dem wir als europäische Anbieter die gleichen Bedingungen haben wie die globalen Player. Nur dann können wir in den Wettbewerb um die besten Inhalte treten. Das ist bisher nicht der Fall.
Vom globalen Markt zum ganz kleinen: Österreich. Ist österreichisches Programm bei RTL irgendwann noch ein Thema?
Der Markt ist hier schon sehr klein für Private, wenn man auch noch die Dominanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit ins Kalkül zieht. In diesem Feld sehe ich uns kurzfristig nicht. Die Einbeziehung österreichischer Themen oder Darsteller in unseren Serien kommt dem aber schon sehr nahe. Ich schließe auch österreichische Inhalte nicht aus – wir haben gerade österreichische Werbefenster bei RTLplus und ntv für 2018 angekündigt. Besonders für ntv bietet sich ein österreichischer Bezug an. Wir können uns hier vorstellen, mittelfristig einzelne Inhalte auf den österreichischen Markt anzubieten.
Sie sind eine der wenigen Frauen, die eine absolute Spitzenposition in einer Branche erreicht hat, die eigentlich der Lebenswelt ihrer Konsumenten sehr nahe sein sollte. Warum ist das so?
Ich glaube, dass wir in der Medienbranche schon ein wenig weiter sind als in anderen Industrien. Sind wir weit genug? Nein! Ich bin der Meinung, dass gerade in den Medien Diversität ein Wettbewerbsvorteil ist. Was tun wir? Wir versuchen nach und nach und sehr gezielt Frauen in Spitzenpositionen zu bringen. Wir haben inzwischen zum Beispiel bei ntv eine Chefredakteurin und bei Vox eine Programmchefin. Aber wir können hier noch besser werden.
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