Die Stones bekommen für diesen Schritt Applaus von der immer mächtiger werdenden „woke“-Bewegung, also von Menschen, die ununterbrochen auf der Suche nach Inhalten sind, die irgendjemanden beleidigen könnten. Andererseits zeigen sich viele Fans enttäuscht: Gerade die Stones, die immer dafür bekannt waren, sich keinerlei Druck von außen zu beugen, hätten jetzt dem Lockruf der politischen Korrektheit nachgegeben.
Worum geht es konkret? „Brown Sugar, how come you taste so good?“ heißt es im Refrain. Das kann man als Anspielung auf Heroin interpretieren, aber auch als plumpe Referenz an die sexuellen Qualitäten schwarzer Frauen. Im Text geht es um schwarze Menschen, die auf einem Sklavenmarkt in New Orleans verkauft werden – und um einen weißen Sklavenhalter, der sich um Mitternacht mit schwarzen Mädchen vergnügt, unter anderem, indem er sie auspeitscht.
Was auch bei dieser Debatte völlig übersehen wird: Der Autor ist nicht gleichzusetzen mit seinem Text (Shakespeare ist ja auch kein Massenmörder). Mick Jaggers Text glorifiziert oder rechtfertigt nichts, er schildert einfach Szenen, wie sie zu Zeiten der Sklaverei leider üblich waren. Andererseits ist es natürlich problematisch, wenn 50.000 Menschen in einem vollen Stadion einen Text mitgrölen, der die sexuelle Ausbeutung von Menschen beschreibt. Aber vielleicht hätten einleitende, erklärende Worte von Mick Jagger auch gereicht.
Interessant wird es zu beobachten, ob sich die politisch korrekten Reinigungskommandos jetzt das Gesamtwerk der Stones einmal genauer anschauen. Da wimmelt es von Verweisen auf Sex und Drogen, die alles andere als korrekt sind. Und Songs wie „Under My Thumb“, „Stupid Girl“ oder „Some Girls“ („schwarze Mädchen wollen die ganze Nacht gef… werden“) sind wahre Fundgruben für Menschen mit Empörungslustsyndrom.
Aber: Ist das nicht genau das, was den Rock ‚n‘ Roll ausmacht? Dass er sich nicht um Vorschriften kümmert, egal von welcher Seite sie kommen?
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