Rolling Stones in Hamburg: Schwierige Proben, viel Blues und großer Aufwand
Ziemlich frustriert soll Mick Jagger Freitagnachmittag gewesen sein. In einem kleinen Container hinter der Riesenbühne im Hamburger Stadtpark wartete der Sänger der Rolling Stones zusammen mit seiner Band darauf, proben zu können. Doch das Wetter verhinderte das. Der starke Regen und die immer wieder heftig aufpeitschenden Windböen beschädigten sogar Teile des Equipments, das dann eiligst repariert wurde.
Mürrisch, heißt es, sei der 74-Jährige danach wieder in seiner Mercedes-Limousine zurück ins Hotel in der Innenstadt gefahren. Seine Verstimmung ist verständlich. Jagger ist ein Perfektionist, der schon immer fast verbissen, zumindest aber höchst diszipliniert an sich und seinen Shows gearbeitet hat. Jeden Tag trainiert er mehrere Stunden, um sich fit zu halten, trinkt nur in Ausnahmefällen wie seinem Geburtstag Alkohol. Und selbst dann nur ein Glas. Und speziell in Hamburg muss jedes Detail exakt passen. Denn Samstagabend stand hier der Auftakt der "No Filter"-Europa-Tour der Rolling Stones auf dem Programm. Die Bilder dieser ersten Show einer Tour mit 14 Konzerten in neun europäischen Staaten werden um die Welt gehen.
Show für 82.000 Fans
Am 16. September kommen die Stones mit der "No Filter"-Tour auch nach Spielberg in der Steiermark, und der Aufwand dort ist ähnlich groß wie hier in Hamburg: Auf einer Wiese im Stadtpark entstand in wochenlanger Arbeit eine Art Stadion, das 82.000 Fans Platz bietet. Zwölf Tribünen für 26.000 Sitzplätze wurden aufgebaut, 23.000 Quadratmeter Rasen abgedeckt, acht Kilometer Zäune und 50 Container für die Bandgarderoben und die Büros der Produktion aufgestellt.
Dienstagabend landete dann die Band selbst in Hamburg. Angereist kamen die Rolling Stones im Privatjet (mit aufgemalter Stones-Zunge versteht sich) aus London, wo sie die musikalischen Proben absolviert hatten. Mittwoch fuhr Jagger dann ein erstes Mal zum Stadtpark, um seine Bühne zu begutachten. Und Donnerstagabend konnten die Stones sie in einer seltenen Regenpause endlich bespielen. In dunklen Schlabberklamotten rockten sie los, während hunderte Fans hinter den Absperrungen lauschten.
Die Bühne ist schlicht, aber spektakulär - umrahmt von vier Türmen hoch wie Wolkenkratzer, die monströse LED-Wände sind. Los ging's um 20.30 Uhr, als sich der Regen tatsächlich doch verzogen hatte, mit "Sympathy For The Devil" und "Tumbling Dice", bevor Jagger sich bei "Out Of Control" ganz dem Blues hingab, ein tolles Mundarmonika-Solo spielte und zwei Songs aus dem jüngsten Blues-Covers-Album "Blue & Lonesome" anschloss.
Den ganzen Mittelteil lang präsentierten sich die Rolling Stones dann als Blues-Band, jenen Stil der die Band einst berühmt gemacht hatte. Und die Show unterstützte das perfekt. Denn bis auf die LED-Türme gab es eigentlich keine. Riesige aufblasbare Hunde oder halb-nackte Damen, die in den 80er- und 90er-Jahren ein Stones-Konzert zum Zirkus machten, sind Geschichte. Es gab auch keine Ausritte ins Publikum, keine beweglichen Podeste oder Flug-Elemente. Nur einen unermüdlich laufenden, zappelden, animierenden Jagger und die LED-Projektionen, die aber zu mehr als 90 Prozent das Live-Geschehen auf der Bühne zeigten und ganz selten visuelle Interpretationen der Songs wie das aus Neonröhren gezeichnete Frauengesicht bei "Miss You".
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