"Manche denken, i bin wo ang’rennt"
Diesmal wird es wirklich kompliziert. Denn unsere ,Wirklichkeit‘ trifft wieder einmal ,die Welt, wie sie ist‘. Das Wissen trifft die Weisheit. Das Haben trifft das Sein. Unsere Lebensgeschichte trifft das Leben."
Also da hat sich nicht Günther Paal alias Gunkl, der Philosoph der heimischen Kabarettszene, gedanklich verlaufen, sondern Roland Düringer kündigt sein neues Programm "Ich allein?" an. Der dritte Teil seiner Vortrags-Trilogie hat heute im Orpheum Premiere. "Aber vielleicht machen Gunkl und ich mittlerweile das Gleiche – und wissen es nur nicht", sagt Düringer im KURIER-Gespräch.
Philosophisch
"Leben ist das, was passiert, wenn wir Pläne schmieden für die Zukunft", meinte einst John Lennon. Und für Düringer "ist Leben etwas Universelles. Das passiert ganz einfach – ohne unser Zutun."
Doch nicht ganz: Als Sprachrohr der Bürgerinitiative "Tatort Hypo" hielt er heuer eine Brandrede "gegen die Gier" im Hohen Haus. Was hat’s außer Aktionismus gebracht?
"Erkenntnis auf jeden Fall", sagt Düringer. "Das Schöne ist, dass auch die Zivilgesellschaft, wenn man klug agiert und die Medien hinter sich hat, etwas bewegen kann."
Immerhin sei es gelungen, "dass der Prozess beschleunigt wird, dass die Reform zum Untersuchungsausschuss im Werden ist. Möglicherweise hätte es das ohne die Petition mit 200.000 Unterschriften nicht gegeben."
Kein Wutbürger
Desillusionierend war für den Kabarettisten ein Besuch im Parlament beim Petitionsausschuss: "Am meisten hat mich erschüttert, wie die Volksvertreter miteinander umgehen: respektlos. Die hören dem anderen nicht einmal zu. Wie im Kindergarten."
Als Wutbürger sieht er sich nicht. "Wenn HC Strache sagt, er sei bereit, Bundeskanzler zu werden, dann macht mich das nicht wütend, weil ich das nicht ernst nehme", sagt Düringer.
"Könnte der wirklich so viel ändern, wenn er es wäre? Ich sage provokant: Das Beste wäre, wäre Strache Bundeskanzler. Dann wüsste jeder sehr schnell: Auch nur eine Blase."
Will nicht jeder, der in ein Düringer-Programm geht, primär unterhalten werden?
"Das ist nicht mehr so. Da hat sich auch mein Publikum geändert", sagt der 50-Jährige. "Ich glaube, dadurch, was ich jetzt in der Öffentlichkeit sage, denken sich manche: Der ist ja wo ang’rennt. Weil ich von manchen Leuten das Weltbild infrage stelle."
Alternative
Und was hat – nach Erfolgen wie "Benzinbrüder" und "Hinterholz 8" – für ihn persönlich den größten Wert? "Dass ich einen Plan B habe. Dass ich weiß, wenn der Tag X kommt, an dem sich keiner mehr Düringer-Karten kauft, oder mir nichts mehr einfällt: Für mich geht das Leben ganz normal weiter", so Düringer.
"Ich habe mir Netzwerke aufgebaut bei mir am Land. Ich halte Schweine, ich habe einen relativ kleinen Wohnraum, den ich mit ein paar Holzscheiten beheizen kann, wofür ich keinen Strom brauche. Und das wäre für mich kein Absturz, sondern wieder eine Bereicherung."
Er hat die große Frage für sich schon beantwortet: Was ist ein gutes Leben? Wofür ist es wert, Energie aufzubringen?
Und darum geht’s auch ein bisschen in der One-Man-Show "Ich allein?":
"Wenn einer so viel Glück hatte wie ich bisher, ich habe nie viel für etwas tun müssen, es ist mir alles passiert, kann ich jetzt vielleicht etwas davon wieder zurückgeben. Und viele fragen sich: Was hat wirklich Wert? Wo führt das alles hin? Dass ich denen das Gefühl gebe, in dem, was ich sage: Sie sind nicht allein. "
Am Ende ist er ja doch ein Philosoph, der Düringer. Fast so wie der Gunkl.
Neue Perspektive
Schauspieler Roland Düringer wurde für den Film „Hinterholz 8“ mit der ROMY als bester Schauspieler ausgezeichnet. Weitere Erfolge waren u. a. die Serie
MA2412 sowie die Filme „Muttertag“ und „Poppitz“.
Ausstieg Neben seinen Auftritten als Kabarettist führt Düringer seit 2013 ein Videotagebuch auf www.gueltigestimme.at. Im Buch „Leb wohl, Schlaraffenland“, dokumentiert er mit Clemens G. Arvay u. a. seinen Ausstieg aus Systemen und die dadurch verursachten Veränderungen.
Info: Alle Infos zur "Best of Kabarett"-Edition finden Sie hier.
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