Roger Ballen: Bilder wie Tiefbohrer

06. Dresie and Casie, twins, Western Transvaal, 1993, Aus der Serie Platteland © Roger Ballen
Das WestLicht zeigt eine unbequeme Retrospektive des Fotografen Roger Ballen.

Da sind sie wieder, meine zwei Freunde“, sagte Roger Ballen bei der Eröffnung seiner Werkschau im Wiener Westlicht. „Sie folgen mir zu jeder Ausstellung“.

Die „zwei Freunde“ (großes Bild) heißen Dresie und Casie und sind Zwillinge. Der gebürtige US-Amerikaner Ballen fotografierte sie 1993 in der Region Transvaal in Südafrika. Das Apartheid-Regime lag damals in den letzten Zügen, und der studierte Geologe Ballen – seit 1981 in Südafrika wohnhaft – spürte die „vergessenen Weißen“, wie er sie selbst nennt, auf. In der internationalen Foto-Szene wurde Ballen damit bekannt – in Südafrika selbst hasste man ihn.

Impressionen der Ausstellung

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Kontinuität

Tatsächlich, das zeigt die nun in Wien zu sehende Retrospektive sehr deutlich, waren die Zwillinge nur zwei Punkte auf einer langen Entwicklungslinie des Fotografen, der seit den späten 1960er Jahren Bilder macht und dabei meist in Serien arbeitet.

Die Entwicklung führt dabei sehr deutlich von einer eher dokumentarischen Straßenfotografie hin zu einem extrem komponierten Stil: Nach einer Reihe von Reise- und Reportage-Fotografien arbeitete Ballen mit der Serie „Boyhood“ (1975– ’78) erstmals ein Thema – Burschen zwischen Kindheit und Jugend – durch; schon hier sticht die Verzerrung – in aggressiven Gesichtern, eingezogenen Bäuchen oder einem in der Hand zerquetschten Frosch – ins Auge.

In Serien aus Elendsvierteln wie „Dorps“ (1986) und „Platteland“ (1994, die Serie mit dem Zwillings-Foto) wird der Sinn fürs Verformte weiter manifest. In den jüngsten Reihen „Boarding House“ und „Asylum“ verschwindet dann der Mensch oft hinter surrealen Arrangements von Tauben, lädierten Babypuppen und Malereien von Ballen selbst. In der Schau ist auch ein Objekt-Arrangement ausgestellt, Boden und Wände wurden vom Künstler besprüht.

Angst!

„Wenn Sie es düster nennen, dann haben Sie Angst“, sagt Ballen, der seine teils extrem morbide Bildsprache achselzuckend-wortkarg kommentiert: Die Welt sei eben nicht nur hell, er sei Realist. Im Übrigen interessiere ihn die Form mehr als der Inhalt: Jede Linie, jedes Bildelement erfülle einen Zweck. „Die Herausforderung ist, herauszufinden, warum ein Bild in den Köpfen bleibt.“

Als jemand, der in seinem Brotjob 30 Jahre lang Südafrika auf der Suche nach Bodenschätzen durchforstete, versteht Ballen sich aufs Bohren. Es sollte daher nicht verwundern, dass auch seine Bilder unter die Schädeldecke dringen. Auch wenn es nicht immer angenehm ist.

KURIER-Wertung: **** von *****

Info: Roger Ballen
bis 28. 4.
Westlicht.
www.westlicht.at

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