Robert De Niro: „Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist“
Von: Elisabeth Sereda
Ein neuer Film. Ein neues Filmstudio. Ein neues Restaurant. Robert De Niro macht mit 81 keine Anstalten, in Pension gehen zu wollen.
Derzeit ist er mit „Ezra“ im Kino. Der zweifache Oscarpreisträger spielt darin eine Nebenrolle. Aber eine, die jetzt schon für die kommenden Preisverleihungen in aller Munde ist. Der Film wurde von einem Erstlingsregisseur, Tony Goldwyn, gemacht, kostete einen Pappenstiel und ist somit De Niros erster wirklich unabhängiger Film nach Jahrzehnten von Großprojekten.
Der KURIER sprach mit dem Meisterdarsteller über seinen Zugang zur Thematik des Films, sein Monsterprojekt im heimischen New York und seine Kritik an Donald Trump.
KURIER: Bobby Cannavale, der Hauptdarsteller, sagte zu Tony Goldwyn, dass er „Ezra“ nur machen würde, wenn Sie seinen Großvater spielen. Ihnen gefiel die Idee, aber nicht das Drehbuch, nicht wahr?
Robert de Niro: Ich hatte einige Bedenken. Ich hatte einfach das Gefühl, dass bei bestimmten Dingen mehr in die Tiefe gegangen werden muss. Was mich am meisten beeindruckt hat, war, dass alle Beteiligten stark und mit ganzem Herzen in das Projekt involviert waren. Der Autor, Tony Spiridakis, hat einen Sohn, der unter derselben Krankheit leidet wie der Bub, der unser Titeldarsteller ist. Eines meiner Kinder ist auch im Spektrum. Und deshalb war es so wichtig, dass wir alle ein viel tieferes Verständnis dafür haben. Und deshalb habe ich versucht, dass dieses Projekt für mich funktioniert, ich wollte keine großen Probleme machen, wusste aber auch, dass es noch besser sein könnte, und am Ende sind wir genau an dem Punkt angelangt, den ich mir vorgestellt habe.
In „Ezra“ geht es um einen autistischen Buben und seine Familie, in der alle anders mit seinem Zustand und seinem Leiden umgehen. Elliott, Ihr zweitältester Sohn, ist autistisch. Sie haben nie öffentlich darüber gesprochen. Hat dieser Film ein Umdenken in Ihnen bewirkt?
Wenn mich jemand danach gefragt hätte, hätte ich schon über meinen Sohn geredet. Man soll ja sowas nicht geheim halten, das hilft niemandem.
Colin Farrell, dessen ältester Sohn ebenfalls autistisch ist, hat gerade eine Stiftung gegründet …
Ja, ich habe das Video gesehen, es war wirklich sehr herzerwärmend. Colin und ich sind in derselben Situation – unsere Söhne sind jetzt erwachsen, und es gibt keine Betreuung mehr. Das ist ein echtes Manko, und ich habe auch begonnen, mich da zu involvieren.
Kann ein Film ein Licht auf solche Fehlzustände richten?
Ja. Natürlich. Filme können ein Thema ins Rampenlicht rücken. Und zumindest die Idee, dass, wenn es Rollen gibt für Charaktere, die im Autismus-Spektrum sind oder neurodiverse Herausforderungen haben, dass es Kinder und Schauspieler gibt, die diese Rollen spielen können. Man darf auch nicht vergessen, jedes Kind ist anders. Autismus ist nicht gleich Autismus. Der Bub, der Ezra gespielt hat, war großartig. Er ist, wer er ist. Mein Kind ist, was es ist, mit seinen eigenen Problemen. Unser Titeldarsteller ist Laienschauspieler, war nie in einem Film. Aber er konnte das. Er war unglaublich witzig.
Und vermutlich überhaupt nicht nervös, mit dem großen De Niro zu spielen, oder?
Nein, das war ihm total wurscht. Er war völlig unbeeindruckt von mir!
Werden Sie wieder einen kleinen Film drehen?
Ich habe zwei Projekte, die beide Independent-Filme sind, mal sehen, ob wir die finanzieren können. Ich habe ja viel zu tun, am 8. Oktober feiern wir 30 Jahre Nobu in New York, mein erstes Restaurant aus der Kette, und wir eröffnen weitere in Thailand und Vietnam.
Sie lieben japanische Küche. Kochen Sie selbst?
Nein! (lacht)
Es gab gerade eine große Ankündigung, dass Sie einer derjenigen sind, die das größte Filmstudio in New York bauen werden, das es je gegeben hat. Was hat Sie dazu bewogen?
Dieses Studio wird einzigartig, da die Bühnen übereinandergestapelt sind, also zwei Stockwerke hoch. Das gibt es normalerweise nicht. Eigentlich gab es das noch nie. Ich muss sagen, es ist ziemlich beeindruckend.
Sie sagen sehr laut Ihre Meinung, was die US-Politik angeht. Glauben Sie, dass Kamala Harris es schaffen wird?
Ich bin sehr hoffnungsvoll. Aber es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.
Und wenn Trump gewinnt?
Gott bewahre. Das wäre ein Albtraum für viele Menschen. Ich glaube zwar, dass das Land sich letztendlich wieder aufrichten würde, so wie es andere Länder getan haben, wenn vor-übergehend ein Diktator an die Macht kommt oder jemand wie dieser Trump-Typ. Denn viele Menschen werden sich dagegen auflehnen, und selbst diejenigen, die für ihn gestimmt haben, werden erkennen, dass sie einen Fehler gemacht haben. Ich habe kein Verständnis für irgendjemanden, selbst für Geschäftsleute, die für ihn stimmen oder sagen, dass sie ihn unterstützen und wählen werden. Leute, die Macht und Einfluss haben, sollten es besser wissen. Aber die denken, sie könnten ihn kontrollieren. Das können sie nicht. Oder die Leute um ihn herum, wie wir alle mit dem Projekt 2025 sehen. Ein Wahnsinn. Ich bete zu Gott, dass wir ihn endlich in der Vergangenheit lassen und zu etwas Positivem und Gutem übergehen. Kamala Harris steht für genau das.
Robert De Niro: Als Experte für Außenseiter, gebrochene Charaktere und Gangster hatte er seine vielleicht besten Auftritte: etwa in „Taxi Driver“, „Wie ein wilder Stier“ oder, mehrmals, als Mafioso. De Niro (81), einer der größten Stars in Hollywood überhaupt, hat aber ein weit breiteres Repertoire: Zuletzt spielte er in Komödien wie „Reine Nervensache“ oder „Und dann kam Dad“ lustvoll mit seinem Image
„Ezra“: Sein aktueller Film ist ein Independent-Projekt: Max, erfolgloser Stand-up-Comedian, packt seinen autistischen Sohn, Ezra, ins Auto und fährt einfach los mit ihm – trotz Kontaktverbots. „Kurzweilig, intelligent und starbesetzt“, urteilte die KURIER-Kritik
Trump-Kritiker: De Niro engagiert sich stark im US-Wahlkampf. „Donald Trump möchte nicht nur die Stadt zerstören, sondern das Land. Und er könnte irgendwann die Welt zerstören“, sagte er etwa bei einer Rede in New York. „Wir wussten, dass er schon als Präsident außer Kontrolle war“, sagt De Niro. „Dann verlor er 2020 die Wahl – und ihm riss komplett die Kette“
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