Asmik Grigorian: "Wir haben wegen des Regietheaters an musikalischer Qualität verloren"

Asmik Grigorian:  "Wir haben wegen des Regietheaters an musikalischer Qualität verloren"
Die Starsopranistin singt an der Staatsoper erstmals die Elisabetta in Giuseppe Verdis „Don Carlo“. Sie spricht über ihren inneren Zwang und ihren Umzug nach Wien.

Sie ist eine der größten Sopranistinnen unserer Tage – und eine Vielarbeiterin: Rolle für Rolle erarbeitet sich Asmik Grigorian, und zwar die komplexen, schwierigen. 

Nun steht die litauische Sängerin mit armenischen Wurzeln an der Wiener Staatsoper erstmals als Elisabetta in Verdis „Don Carlo“ auf der Bühne. Regisseur Kirill Serebrennikow versetzt das Drama am spanischen Hof in eine Kostümwerkstatt von heute. Philippe Jordan steht am Pult.

KURIER: Mit der Elisabetta haben Sie nun schon wieder ein Debüt einer großen Rolle, davon gab es bei Ihnen zuletzt sehr viele. Wie bewältigen Sie das eigentlich?

Asmik Grigorian: Ich weiß es nicht! Ich mache und mache und mache, und manchmal halte ich inne und denke: Wie hab ich das eigentlich geschafft? Ich habe das Gefühl, dass ich an einer Grenze in meinem Leben angekommen bin, oder besser: Ich habe 20 Jahre lang einen Garten gepflanzt, der nun viele Früchte trägt. Aber anstatt diese zu ernten, pflanze ich immer weiter. Es wird Zeit, mein Leben neu zu planen, da es für mich schwierig wurde.

Inwiefern?

Es ist so viel! Ich beginne, ein bisschen das Interesse zu verlieren an den Dingen, die ich tue. Das ist ein Signal, dass man etwas ändern muss! Denn ich möchte immer 100 Prozent von mir geben, dem Publikum, mir selbst und der Kunst. Ich fühle immer noch die Freude an den Dingen, die ich tue. Aber ich unterwerfe mich selbst einem Zwang, und ich muss einiges ändern.

„Don Carlo“

Als erste Premiere der Saison zeigt die Staatsoper ab Donnerstagabend Giuseppe Verdis „Don Carlo“. Kirill Serebrennikow inszeniert, Philippe Jordan dirigiert. Gezeigt wird die vieraktige Mailänder Fassung von 1884

Besetzung

Joshua Guerrero singt die Titelrolle, Roberto Tagliavini den König Philipp, Asmik Grigorian die Elisabetta, Eve-Maud Hubeaux die Eboli und Étienne Dupuis den Marquis von Posa

Auszeichnung

Der Titel „Sängerin des Jahres“ der Fachzeitschrift „Opernwelt“ ging heuer an Asmik Grigorian, die für ihre „sängerisch wie darstellerisch hinreißenden Rollenporträts“ in Hamburg und an der Staatsoper Wien (Turandot) geehrt wurde

Kommentare