Regisseurin Kriszta Székely: „Ich höre die Bombe ticken“

Arbeitet seit 2015 am Katona József Theater in Budapest: Kriszta Székely
Was Marie Rötzer, die Direktorin des Landestheaters Niederösterreich, von den Kollegen in Wien unterscheidet: Sie verpflichtet vornehmlich Regisseurinnen – und gibt Talenten eine Chance. In dieser Saison inszenieren Anne Bader und Ruth Brauer-Kvam, Nehle Dick, Sara Ostertag, Mechthild Harnischmacher, Annette Holzmann, Anna Laner, Mia Constantine, Stephanie van Batum, Aslı Kışlal, Julia Perschon ... Und auch bei der nächsten großen Premiere, „Drei Schwestern“ von Anton Tschechow am 21. Dezember, führt eine Frau Regie. Noch dazu eine, die hierzulande unbekannt ist: Kriszta Székely, 1982 in Budapest geboren.
Cocktail-Bar in Laos
Sie wurde zur Balletttänzerin ausgebildet, aber doch keine Ballerina: Sie ging nach Asien, lebte zwei Jahre in Schanghai und zweieinhalb Jahre in Laos: „Ich hatte möglicherweise die erste Cocktail-Bar in Luang Prabang“, erzählt sie. Nach der Rückkehr studierte sie in ihrer Heimatstadt Regie an der Universität für Drama und Film. Seit 2015 arbeitet Kriszta Székely als Regisseurin am Katona József Theater: Sie machte sich einen Namen und gewann Preise. Mittlerweile ist sie Teil des Leitungsteams.
Das Katona József sei, sagt sie, eines der wichtigsten Theater Ungarns – mit drei Bühnen und 40 Ensemblemitgliedern. Finanziert von der Stadt, ist es nicht von Viktor Orbáns Gnade abhängig, der als Ministerpräsident die Direktoren vieler Kulturinstitutionen austauschen ließ. Denn Oberbürgermeister Gergely Karácsony steht in Opposition zu Orbán und dessen Fidesz-Partei. Das Katona József und drei weitere Budapester Theater könnten also – zwar mit Argusaugen beobachtet, aber frei von Einflüsterungen – arbeiten. Doch wie lange wird sich Karácsony halten? „Ich höre die Bombe ticken“, sagt Székely.
Kritische Situation
Die budgetäre Situation ist schon jetzt recht kritisch. Die mehrfach gekürzte Subvention beträgt umgerechnet 800.000 Euro. Ein Schauspieler mit Berufserfahrung verdient daher nur etwa 800 Euro im Monat. „Man braucht viel Leidenschaft für den Beruf und die Kunst“, stellt Székely fest. In Österreich zu inszenieren, kommt für sie einem warmen Regen gleich. Und sie brachte ihr Leading-Team mit: die Bühnendesignerin Eszter Kálmán, die Kostümbildnerin Dóra Pattantyus, die Komponistin Flora Lili Matisz und ihren Dramaturgen Ármin Szabó-Székely.

Werbefoto für "Drei Schwestern" - Premiere ist am 21. Dezember
Im Tschechow-Stück geht es um die Schwestern Olga, Mascha und Irina, die in einer fernen Garnisonsstadt von Moskau träumen. Statt zu handeln, reden sie nur über die verheißungsvolle Zukunft – oder längst vergangene Zeiten. Kriszta Székely verortet das Stück in der Gegenwart – in einer ärmlichen, isolierten Umgebung, die es nicht nur in Russland gibt: „Auch dort sehnen sich die Menschen nach Fröhlichkeit und einem Sinn im Leben.“ Der Wunsch, zurück nach Moskau zu kehren, sei als Metapher zu verstehen: Man träumt immer von anderen Orten, weil man glaubt, dass es dort besser ist. Und man stellt sich immer wieder die Frage: Wäre es mir besser ergangen, wenn ich dieses oder jenes getan hätte?
Auf den Ukraine-Krieg gegen werde Bezug genommen, das Thema Aggression sei aber ohnedies im Stück enthalten. Zu schwermütig werde die Inszenierung aber nicht werden, erklärt Székely, man soll auch lachen können. Denn das sei eben Tschechow.
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