"Ich hätte fast aufgegeben"

Catherine Deneuve mitten im Leben: Eine Frau, die aus der Sinnkrise ausbricht (derzeit im Kino)
Regisseurin Bercot über den Dreh von "Madame empfiehlt sich" mit Catherine Deneuve.

Eine Frau Anfang 60 durchlebt eine Sinnkrise: Der Lebensgefährte geht mit einer halb so alten Frau fremd, ihr Restaurant steht vor der Pleite, Tochter und Enkel machen Stress. Da hilft nur eins: Ins Auto setzen und – mit dem Enkel im Schlepptau – in eine andere Stadt fahren. So macht es Bettie alias Catherine Deneuve in Emmanuelle Bercots amüsantem Roadmovie à la francaise "Madame empfiehlt sich". Der KURIER traf Regisseurin Bercot in Paris.

KURIER: Deneuve gilt als schwierig. In Ihrem Film wirkt sie aber völlig unglamourös und unzickig. Was war Ihr Trick?

Emmanuelle Bercot:Gar keiner. Ich habe sie einfach als normale Person und nicht als Star wahrgenommen. Mich hat auch nur die Deneuve mitten im Leben interessiert. Sie sollte ganz nah dran an ihrer Rolle sein. Eine Frau, die nicht mehr ganz jung und strahlend ist, sondern der das Leben schon Narben geschlagen hat. Ich glaube nicht, dass sie sich sehr verstellt hat: Sie ist sehr umgänglich und zu jedem Spaß bereit, wenn sie sich wohlfühlt. Außerdem habe ich ihr den Film auf den Leib geschrieben. Das hat ihr auch sehr gut gefallen.

Ihr Sohn spielt neben der Deneuve die Hauptrolle im Film, den frechen Enkel Charly. Wie darf man sich die Arbeit mit dem eigenen Kind, das gerade in der Pubertät ist, vorstellen?

Überraschend harmonisch. Nemo gab sich ganz professionell und erstaunlich respektvoll.

Am Ende findet Bettie alias Catherine wieder ihr Glück. Wollten Sie diese Botschaft transportieren: Es ist nie zu spät für den Aufbruch zu neuen Ufern?

Exakt. Es ist doch so: Wenn man offen ist, dann ist alles möglich, und zwar in jedem Alter. Es gibt immer die Möglichkeit, etwas zu ändern. Leider gestehen sich nur die wenigsten diese Freiheit zu. Sie gehen immer weiter auf ihrem alten Trampelpfad und haben Angst vor jeder Abweichung. Dabei wird es doch erst interessant, wenn man einen neuen Weg beschreitet.

Ihre bisherigen Filme haben sich mit dem Thema Adoleszenz auseinandergesetzt. Dürfen wir wieder etwas in diese Richtung erwarten?

Ich mag diese Phase im Leben eines Menschen, in der er seine Identität sucht, in der keiner so recht weiß, was einmal sein wird und wie. Dass einem noch alles offensteht. Ja, mein nächstes Projekt dreht sich wieder um einen 15-Jährigen. Er wird straffällig und ich beobachte ihn, bis er 18 ist. Catherine spielt eine Richterin.

Ist es schwer, im Filmland Frankreich Filme zu finanzieren?

Doch, das ist es. Viele Autorenfilme kommen auch gar nicht zustande. Auch dieser Film ist auf der Kippe gestanden und ich hätte fast schon aufgegeben. Und das trotz Catherine. Ja, wenn ich Jean Dujardin genommen hätte, wäre es leichter gewesen. Er zieht jüngere Kinobesucher an. Leider gibt es davon nicht viele.

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