Regina Fritsch: "... man hat doch nur ein Leben"

Regina Fritsch, seit 30 Jahren an der Burg, steht ab Februar in Hermann Bahrs „Konzert“ gemeinsam mit Tochter Alina auf der Bühne
Die Burgschauspielerin Regina Fritsch wird Trägerin des Alma-Seidler-Ringes.

Die knapp drei Jahrzehnte am Burgtheater sieht man ihr nicht an. Klein und zierlich ist sie, ihr kehliges Lachen wirkt mädchenhaft.

Regina Frisch, 50, wird Trägerin des Alma-Seidler-Ringes und damit laut Definition zur "würdigsten Bühnenkünstlerin des deutschsprachigen Theaters" auf Lebenszeit ernannt. Sie folgt der im November verstorbenen Burg-Doyenne Annemarie Düringer, die ihr den Ring hinterlassen hat.

Regina Fritsch: "... man hat doch nur ein Leben"
Interview mit der österreichischen Burgschauspielerin Regina Fritsch im Wiener Burgtheater. Die Nestroy-Preisträgerin ist neue Trägerin des Alma-Seidler-Ringes.Wien, 09.12.2014
"Ich habe keine Ahnung, wie Annemarie Düringer auf mich gekommen ist. Ich bin mit 21 ans Burgtheater gekommen und da war sie meine Bühnenpartnerin. Ich hab mich wahnsinnig vor ihr gefürchtet. Ihr eilte der Ruf voraus, dass sie die Anfänger sehr genau prüft, oder, ärger noch: zerlegt. Ich hatte Bauchweh. Das hat sich dann ganz anders herausgestellt. Sie hat mir zur Premiere aus ihrem Garten eine Rose gebracht und das Du-Wort angeboten. Das war eine große Ehre, denn sie war eine unbestechliche Persönlichkeit, pflegte einen rüden Umgangston und hat sich kein Blatt vor den Mund genommen."

Doyenne

Viele Jahre hat Fritsch mit der Burgtheater-Doyenne eine Garderobe geteilt. Im Kleiderkasten, auf dem ein Schild mit beider Namen klebt, hängen noch ihre Kostüme.

Zeit für Nostalgie? 1985 ist Fritsch ans Burgtheater gekommen, sie arbeitete unter anderen mit Claus Peymann, Achim Benning, Sven-Eric Bechtolf, Thomas Langhoff und Michael Thalheimer. Zwei Mal wurde sie mit dem Nestroy ausgezeichnet und ist aktuelle Trägerin des Wiener Schauspielerrings.

Regina Fritsch: "... man hat doch nur ein Leben"
Interview mit der österreichischen Burgschauspielerin Regina Fritsch im Wiener Burgtheater. Die Nestroy-Preisträgerin ist neue Trägerin des Alma-Seidler-Ringes.Wien, 09.12.2014
"Die intensivste und auch die schönste Zeit war jene mit Achim Benning. Weil er die die Literatur, die ich so schätze, viel inszeniert hat: Feydeau, Tschechow, Gorki, Ibsen, Schnitzler. Er war mein wichtigster Regisseur, ich habe das meiste von ihm und durch ihn gelernt.

Und wenn ich an die Kollegen denke: Karl-Heinz-Hackl, Robert Meyer, Erika Pluhar, Gusti Wolf, Kitty Speiser, Kurt Sowinetz, Heinrich Schweiger, Michael Heltau – damals war das Burgtheater noch so im Saft, da war so viel möglich! Und wir haben viel gelacht. Damals sind echte Freundschaften entstanden. Auch jetzt ist es noch schön, aber die Zeiten haben sich verändert."

Versagensängste

Dass das Burgtheater schwierige Monate hinter sich hat, das hat Fritsch auch als Ensemblevertreterin gespürt. "Die letzten Monate waren nervenzerfetzend."

Regina Fritsch: "... man hat doch nur ein Leben"
Interview mit der österreichischen Burgschauspielerin Regina Fritsch im Wiener Burgtheater. Die Nestroy-Preisträgerin ist neue Trägerin des Alma-Seidler-Ringes.Wien, 09.12.2014
Und auch auf derBühne hat Fritsch im Lauf der Zeit immer wieder ihre Nerven strapaziert. Früher war sie von argen Versagensängsten geplagt. Doch die Zeit und die Anforderungen des Alltags haben sie gelassener werden lassen: "Als junger Mensch denkt man, scheitern bedeutet, schlechte Kritiken oder keine guten Rollen zu bekommen, aber das relativiert sich."

Schlechte Kritiken verletzen sie allerdings immer noch – "die guten vergisst man ja leider."

Ob einem eine Auszeichnung wie der Alma-Seidler-Ring ein Gefühl von angekommen sein verleiht? "Nein, nie ist ein Punkt gekommen, wo ich mich als arrivierte Schauspielerin gefühlt hab, auch mit Auszeichnung nicht – das macht es noch schlimmer, der Druck hört nicht auf. Es ist ja kein Beruf, auch keine Berufung, sondern ein ständiger Prozess."

Deutschlehrer

Regina Fritsch: "... man hat doch nur ein Leben"
Interview mit der österreichischen Burgschauspielerin Regina Fritsch im Wiener Burgtheater. Die Nestroy-Preisträgerin ist neue Trägerin des Alma-Seidler-Ringes.Wien, 09.12.2014
Als junges Mädchen im Hollabrunner Gymnasium hat Fritsch begonnen, sich für Theater zu interessieren. Der Deutschlehrer spielte Albin-Skoda- und Oskar-Werner-Platten vor, Werner ist bis heute ihr "Schauspielgott".

Dennoch: Das Theater war nicht die erste Wahl, es gab Hunderte andere Wünsche dazwischen.

Tischlerin wäre sie gerne geworden, hat auch an der Angewandten studiert, bevor sie, beim Durchblättern des Telefonbuchs, die Schauspielschule Krauss entdeckte. Vorsprechen im Reinhardt-Seminar hat sie sich nicht getraut – heute unterrichtet sie dort.

Und zwischendurch hat Fritsch als Lkw-Fahrerin in der Baufirma ihres Vaters gearbeitet. "Ich wollte per Lkw die Welt erkunden."

Nach wie vor hat sie der Schauspielerei gegenüber eine gewisse Skepsis. "Ich falle und sterbe nicht mit der Schauspielerei, mir würden viele andere Sachen einfallen ... man hat doch nur ein Leben."

Kündigung

Regina Fritsch: "... man hat doch nur ein Leben"
Interview mit der österreichischen Burgschauspielerin Regina Fritsch im Wiener Burgtheater. Die Nestroy-Preisträgerin ist neue Trägerin des Alma-Seidler-Ringes.Wien, 09.12.2014
Und es hat Momente gegeben, wo sie aufgeben wollte, den Beruf an den Nagel hängen: "Ich habe viele Krisen gehabt, auch private. Zwischendurch lief das Theater bei mir nebenbei. Ich kann mich erinnern, ich bin mit Karl-Heinz Hackl in der Kantine gesessen und hab gesagt: ,Ich mag nimmer.‘ Er hat gesagt: ,Bist verrückt?‘"

Zwei Mal hat sie tatsächlich gekündigt. "Aber das Theater hat mich immer wieder geholt. Peymann sagte: "Kündigung? Das kommt überhaupt nicht infrage!"

Selbst erlebte schwierige Zeiten waren es auch, die sie die Ambitionen ihrer älteren Tochter Alina zunächst skeptisch beobachten ließ. "Die Tiefen des Berufs, den man so gut kennt, möchte man seinem Kind ersparen. Aber ich finde es toll, wie ehrgeizig und selbstbewusst sie ist, viel mehr als ich in dem Alter."Damals, erinnert sich Regina Fritsch, habe sie viele Wünsche gehabt. "Aber ich hab mir das abgewöhnt, vielleicht auch, weil das, was man sich wünscht, nicht immer das Beste für einen ist."

Alma Seidler, so wichtig wie A. W. Iffland

Regina Fritsch: "... man hat doch nur ein Leben"
ZU APA-TEXT KI - Paula Wessely war die erste und bisher einzige Trägerin des Alma Seidler-Rings (Bild). Diese Auszeichnung wurde von der österreichischen Bundesregierung nach dem Tod der großen Burgschauspielerin Alma Seidler gestiftet und in geheimer Wahl des Burgtheaterensembles Paula Wessely zuerkannt. APA-Photo: Robert Jaeger
Auszeichnung Der Alma-Seidler-Ring wurde 1978 von der österr. Bundesregierung als weibliches Gegenstück zum traditionsreichen Iffland-Ring gestiftet und wird von seiner Trägerin testamentarisch weitergereicht. Benannt wurde er nach Kammerschauspielerin Alma Seidler (1899–1977). Alma Seidler spielte an der Burg, bei den Salzburger Festspielen und nach 1945 in Filmen. Werner Krauß, der 1959 verstorbene Träger des Iffland-Ringes, hätte den Ring Alma Seidler hinterlassen, wäre nicht durch die Tradition eine Frau von vornherein ausgeschlossen gewesen.

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